Strafbar

Wir alle wissen, dass in Deutschland die Verwendung von Symbolen der Nationalsozialisten zum Beispiel in Fotos strafrechtlich verfolgt werden kann. Das trifft auch auf vermeintlich nur private Verwendung zu. Dazu hat das Bundesverfassungsgericht eine hilfreiche Erläuterung und Auflistung erstellt (Link dazu hier).

Das Oberverwaltungsgericht von Rheinland-Pfalz hat bereits klargestellt, dass eine Unterstützung der Reichsbürger für Beamte zum Verlust des Ruhegehalts führt. (Pressemitteilung OVG RF) Die Demokratie hat sich Mittel für ihre aktive Verteidigung geschaffen. Diese rechtsstaatlichen Mittel müssen wir noch entschiedener einsetzen.

Hilfreich kann das Weiterlesen auf der Konrad Adenauer Stiftung dazu sein. Dort wird in allgemeinverständlicher Art beschrieben, dass die zur Schau Stellung von Teilen der Uniform und Symbolen seit Gründung der Bundesrepublik verboten ist.

Meist steht hinter der Verwendung dieser Symbole keine Dummheit, sondern eine bewusste Aggression oder gar Boshaftigkeit gegenüber anderen Menschen. Menschenverachtung der Nationalsozialisten lässt sich nicht entschuldigen, damals nicht und heute nicht. Image: Edgar Degas d’après Rembrandt 2023 BnF.

Edgar Degas d’après Rembrandt 2023 BnF.

Landtagswahlen

Bayern und Hessen haben am 8.10.2023 ihre Landtage gewählt. Hessen erreichte eine Wahlbeteiligung von 66%, Bayern 73%. Das ist ein erheblicher Unterschied. 7 Prozentpunkte als Differenz warten auf Erläuterungen. Ein stark polarisierender Wahlkampf mobilisiert Wählende aus allen politischen Lagern. Positionierung dafür oder dagegen lassen mehr Leute zu den Wahlurnen gehen. Selbstverständlich gibt es auch diejenigen, die sich etwas angewidert von dem Spektakel abwenden. In Bayern war mehr deftiges Schenkelklopfen und öffentliches Abwatschen zu beobachten. Das hat wohl das Wahlvolk ermuntert, mit dem Wahlzettel an dem Wahlkampf aktiver teilzunehmen. Das gehört zum demokratischen Wettstreit dazu. Bedenklich sind jedoch Abstimmungsergebnisse, die nur noch wenig pluralistische Meinungsvielfalt aufzeigen.
Relativ einmalig und erschreckend zugleich ist das Ergebnis im Wahlkreis Kelheim. CSU, AFD und FW gemeinsam vereinen ca 80% der abgegebenen Zweitstimmen auf sich. Da sollten wir öfters genauer hinsehen, was da los ist. Einzelne Provinzen in Bundesländern haben mittlerweile diametral entgegengesetzte politische Tendenzen. Die Debatte verschärft sich. Dabei brauchen wir doch angesichts der vielfältigen internationalen Krisen mehr denn je Einigkeit und Recht und Freiheit, aber eben auch Meinungsvielfalt. Historisch waren tragische politische Fehler nicht mehr weit weg, wenn das Spektrum der Parteien allzu eingeschränkt daherkommt. Es braucht schon wieder Mut, um in einigen Regionen für eine vom allzu dominierenden Meinungsbild und für eine abweichende Meinung einzustehen. 

Bauer

Ein Bauer im Schachspiel kann spielentscheidend sein. Ist der Bauer erst einmal jenseits der gegnerischen Angriffs- und Verteidigungslinien am Ende des Schachbretts angekommen, kann er in die Figur seiner Wahl eingetauscht werden. Wir sollten den Bauer also nicht in seiner Bedeutung unterschätzen. Das trifft auch auf Fritz Bauer zu. Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, Mitbegründer der Zeitschrift Kritische Justiz, hat die deutsche Justiz in besonderem Maße herausgefordert. Durch seine Anklagen hat er viele der aus der NS-Zeit belasteten Richter angeklagt und entschieden an der Verfolgung und Verurteilung von Adolf Eichmann mitgewirkt.
Dieter Schenk hat in seiner Dokumentation und einem fiktiven Interview eines Journalisten mit Fritz Bauer die Persönlichkeit anhand seiner Schriften und Interviews lebendig als Theaterstück inszeniert. Bereits 2x in Polen aufgeführt, hat die Deutsch-Polnische Gesellschaft Berlin e.V. zu ihrem 50. Jubiläum zusammen mit dem Bund ehrenamtlicher Richterinnen und Richter, Landesverband Brandenburg und Berlin dieses Werk im Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg zur Aufführung gebracht. Frank-Walter Steinmeier hat die Arbeit von Fritz Bauer mit folgenden Worten gewürdigt: … vielmehr ging es Fritz Bauer darum, die Deutschen zu immunisieren, sie vor einem erneuten Rückfall in die Barbarei zu schützen.“ Das ist heute noch genauso wichtig wie in der Vergangenheit. Der historische Gerichtssaal des OVG BB in der Hardenbergstraße in Berlin bot dafür eine eindrucksvolle Kulisse. So voll war der Saal noch selten, betonte der Hausherr.  Den Besuchenden viel sicherlich auch die Gedenktafel mit den Namen der von den Nazis entlassenen Richter auf dem Weg zum Plenarsaal im Treppenhaus auf.
Eine stille Anklage richtete sich in dieser Veranstaltung eben auch in Richtung Polen, die Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Richterinnen und Richter zu gewährleisten. Deutschland hat sich historisch viel Schuld aufgeladen, umso mehr Verantwortung haben wir jetzt, uns für diese wichtigen Grundrechtsprinzipien einzusetzen. Der Verein „Gegen Vergessen, Für Demokratie e.V.“ soll als Ko-Organisator unbedingt mitgenannt werden. Hans-Josef Schöneberger und Uwe Neumann als Schauspieler und Ian Melrose mit seinen Intermezzi auf der Gitarre haben eine tief beeindruckende Atmosphäre geschaffen. Es wurde klar, dass Recht, selbst Verwaltungsrecht viel mit Streitigkeiten verbunden ist. Die Befriedungsfunktion des Rechts wirkt oft erst über Generationen hinweg.
Ich wäre gespannt zu wissen, in welche Schachfigur sich Fritz Bauer am anderen Ende des Schachbretts hätte eintauschen lassen. Mein Tipp, vielleicht als Turm wichtige horizontale und vertikale Linien besetzen oder doch ein Springer, der nicht einfach zu berechnende Sprünge leisten kann. Von einigen seiner Verehrenden wird er auch als König gehandelt, der allerdings, wegen seiner Verwundbarkeit, oft anscheinend ohnmächtig im Zusammenspiel mit den anderen starken Figuren agierte.