So heißt der Titel der umfangreichen Ausstellung im Haus der Akademie der Künste, direkt neben dem Brandenburger Tor. Nur 3 Monate bis 16.7.2023 lässt sich durch die Architektur, Planung und Umsetzung zur Zeit des faschistischen Regimes in Deutschland taumeln. Angesichts der monströsen Verbrechen und der unterliegenden ideologischen Doktrin wird die Frage „macht Raum Gewalt?“ auf 2-fache Weise beantwortet. (1) Raum macht Gewalt und (2) Gewalt macht Raum. Das gestalterische Element von Architektur schafft Räume, die individualisieren, personalisieren oder entpersonalisieren können. Die Uniformität im Faschismus kreiert eine visuelle Sprache, die durch ihre Art Räume und Räumlichkeiten zu gestalten gezielt entpersonalisiert. Gewalt- und Machtausübung fällt darin leichter. Räume und Gebäude wurden der Menschlichkeit enthoben, gebaut, den Menschen zu überleben.
So fällt es in entpersonalisierten, bewusst überdimensionierten Raumkonzepten, leichter Gewalt gegen Menschen vorzubereiten und durchzuführen. Die 1. These „Raum macht Gewalt“ lässt sich sozusagen empirisch in der Ausstellung durchwandern. Die 2. These „Gewalt macht Raum“ wird ebenso eindringlich durch die Dokumentation der Zwangsarbeit, Konzentrationslager und massenhaft ausgeübten physischen und psychischen Gewalt durch die herrschenden Faschisten verdeutlicht. Wenn Wörter und Stimmen von Augenzeugen zu fehlen beginnen, werden die Texte, Zeichen, Bilder und Stummfilme zu Dokumenten, wie mit Gewalt Raum gemacht wird. Der expansionistische, imperialistische Drang der Faschisten machte vor keinen Grenzen halt. Juristische Grenzen, menschenrechtliche, moralische oder Landesgrenzen spielten keine Rolle mehr. Rechtsbeugung und Missbrauch war an der Tagesordnung, um Raum, Macht und Gewalt menschenverachtend durchzusetzen.
Die architektonischen Nazi-Hinterlassenschaften, weiterhin sichtbar in Berlin, München und Nürnberg werden nur in den markantesten Bauwerken dokumentiert. Das reicht schon, den historisch bewussten Blick zu schulen. Selbstverständliches Hinnehmen von diesen Anblicken verbietet sich. Das Übertünchen des Adlerkopfes mit weißer Farbe, Symbol für den amerikanischen Adler, sollte in uns die Dankbarkeit für die Befreiung von der Nazi-Diktatur festigen und dazu beitragen, den Tag des Sieges 8.5.1945 der „Alliierten Streitkräfte“ als Tag der Befreiung zu feiern.
Bauhaus Haus
Zu den Ursprüngen des “Bauhaus” in Weimar gehört das Haus, welches die Feder von Georg Muche entworfen hat. Auch wenn das Bauhaus überwiegend mit Walter Gropius assoziiert wird, ist die Parallele von Georg Muche zu dem französischen Maler und Architekten Le Corbusier frappierend. Beide waren geprägt durch die eigene Malerei und Zeichenkunst. Die Entwürfe für Häuser oder Villen folgten Zeichnungen, die wiederum einer “cognitive map” mit Prinzipen der Konzeption und der Konstruktion folgten. Treu den Ansätzen des Bauhauses verwirklichte Muche bereits in 1923 sein Musterhaus. Modulare Bauweise, preisgünstige Erstellung, aktuelle Technologie, perspektivische Blickwinkel und Lichtspiel. Eine gewisse Parallelität zu der Villa La Roche und Jeanneret von Le Corbusier besteht nicht nur in der zeitlichen Dimension, sondern auch in dem Einfluß von kubistischem Spiel mit Perspektiven in Haus und auf das Haus. Die von der Malerei herkommenden Architekten entwerfen ihre Räume mit “The painter’s eye“. Vielleicht kommt nicht zuletzt daher der Traum vom Eigenheim, der so prägend bleibt in ganz Europa und der westlichen Welt. Geprägt von den 1910er und frühen 1920er Jahren war kostengünstiges Bauen eine wichtige Rahmenbedingung. Relativ kleine Grundrisse, modular erweiterungsfähig, preiswerte Baustoffe sorgten trotz Schwierigkeiten für rasche Realisierungsmöglichkeiten. Eine gewisse deutsch-französische Parallelität drängt sich auf. LeMonde vom 6.4.2023 beschreibt ausführlich das Dilemma des 21. Jahrhunderts. Der Traum vom eigenen Haus wird für die nächsten Generationen schwieriger zu realisieren sein. Rohstoffpreise, Grundstückspreise, Arbeitslöhne, Kreditzinsen schnellen in die Höhe. Der Traum vom Eigenheim bleibt ein Traum älterer Generationen oder der glücklichen Erben solcher Häuser, fast unerreichbar für Durchschnittsverdienende. “Gemeinsam statt Einsam” ist die noch gültige Schlussfolgerung, die bereits Henning Scherf formuliert hat. Die neue Herausforderung für den Bau war, ist und bleibt die soziale Frage, der wachsenden Ungleichheit entgegen zu wirken.
Corbusier
Le Corbusier (1887-1965) chose his artist’s name instead of his lengthy original name of Charles-Édouard Jeanneret at the age of 33 (in 1920) after having moved from Switzerland to Paris in 1917. He established a theory of modern architecture often summarised in his 5 major principles of modern architecture: 1. Pilotis as grid of pillars, 2. freeing ground floor design, 3. more open facades, 4. windows stretch horizontally, 5. garden, terrace on the roof. All these principles allow a more healthy living environment due to more light, less humidity in buildings and ease of circulation. The house Le Corbusier designed features surprising effects of light and lightness of living. “Les maisons La Roche et Jeanneret” date from 1923 and was completed in 1925. These purists Villas breathe thanks to the impression of abundant empty spaces despite relatively small surfaces. One Villa is designed for a small family, the second for a single person (Raoul La Roche) with a collection of paintings to be exposed in a small gallery. The focus on essentials of living, health, light, water, air and art combine to a relaxing and inspiring atmosphere. Despite many of his convictions to build affordable housing for many people, which received mixed success, his “maisons bourgeoises” in Paris and elsewhere remain masterpieces beyond the 1920s and the 20th century. Le Corbusier was concerned about tuberculosis. Today the corona-crisis has reached comparable health concerns. Architecture might react to the latter crisis in re-considering the lessons from the former. Relaxing in a Le Corbusier Chaise longue and meditating in front of a Picasso, Braque or Léger painting is indeed more than a little bit elitist. But copies of such images or your very own slide show or museum VR-clip in this surrounding make this experience more affordable and compatible with living arrangements for millions of people of the middle class as well.
Architecture
Architecture is all around us. However, we rarely consider the build environment as “conditioning” feature of our life. Architecture is contributing extensively to our perception of “social space” (Bourdieu). Inner cities, suburbs or spacious residential areas have diverse impacts on our perception of, for example, security, modernity, health or sanitary sensations. The corona-crisis has made it clear to most people that a healthy environment is a very essential part of our perception of comfort. Here the psycho-social perception of living and/or working space enters into the co-creation of housing people. Technology is a big driver of change in housing, urban spaces and rural imagination. In order to avoid corona infections a new culture of working from home for the masses become a health-driven imperative. Payment without contact, home delivery of meals, food, books, medicine have changed the living style of many people. Too little movement for our bodies has caused another silent pandemic of obesity. Enough reasons to rethink architecture from a sociological perspective on it. This probably starts with speaking of architecture as architectures. By this we mean to think of architecture from its social origins, functions, impacts and perceptions. Great historical examples of architects have implicitly or explicitly formulated a social theory of architecture or space as the basis of their “concrete” realisations. The sociology of professions of architects and the many construction-related professions needs empirical foundation beyond the cliché of socialisation as artist versus technician. Still recent forms of participatory democracy as part of urban and rural planning as well as realisations. Participatory individual or community housing are likely to stay with us. People want to get involved in co-creating their living and working space as their social environment. Architecture as social process and specific layer of the network society will be the new mantra. It has always been there, implicitly. Up to us to strengthen the social discourse on architecture.