Luftschloss

Im K21 der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen ist ein Luftschloss eingebaut worden. Es ist das einzige mir bekannte Luftschloss, das für alle Besuchenden begehbar und fühlbar ist. In wahrhaft luftiger Höhe von 25+ Metern über der Eingangshalle der Kunsthalle K21 und zentral unter der gläsernen Dachkuppel platziert, lässt sich mal so richtig abhängen. Nahezu schwebend kann die weiträumige Installation von Tomás Saraceno erklommen werden. Die Schritte und wippenden Bewegungen der anderen BesucherInnen lassen sich unvermittelt ebenfalls erspüren. Du bist nicht allein, im originären Sinne des Wortes. Die buchstäbliche Vernetzung mit allen anderen Personen werden durch Schwingungen des Netzes zu anderen Kletternden oder Chillenden übertragen. Eine unmittelbar erlebbare Erfahrung der Verbundenheit mit unbekannten, anderen Menschen stellt sich ein. Die Verbundenheit innerhalb einer Gesellschaft wird eindringlich verdeutlicht. Die Angst, durch die Höhe verursacht, weicht rasch der freudigen Erfahrung der Schwebung und der kindlichen Erfahrung der Suspension. Nahezu freischwebend in der Luft, im Orbit erlebt jede/r sein eigenes Luftschloss inmitten von transparenten Kugeln, die wie Planeten wirken. Gleichsam real, aber dennoch imaginär durchwandern wir die Installation immer im Bewusstsein, dass andere um uns sind, die unsere Schritte, Möglichkeiten und Haltungen mit beeinflussen. Vom Luftschloss träumen oder im Luftschloss träumen, beides ist dort machbar.
CO2 freundlich lässt sich die Erfahrung in der APP Aerocene fortsetzen. Der für unser Wetter so bedeutsame Jetstream wird zur imaginären Flugerfahrung genutzt und mit recht aktuellen Daten gespeist. Die Verbindung zu „Earth and Space Sciences“ ermöglicht die Einbettung der sozialen Erfahrung in einen noch weiteren Kontext.
Die eigenen 4 Wände sind die Grenze. Das galt schon früher nicht. Weit darüber hinaus lassen sich neue Möglichkeiten erschließen, die nicht umweltbelastend sind. Selbst die Reichstagskuppel in Berlin sehe ich plötzlich mit ganz anderen Augen. Mehr als Möglichkeitsraum, statt der traurigen Vergangenheit und der zerstrittenen Gegenwart. Was wäre die Kunst, wenn sie nicht zum Träumen anregen würde.