„Indigo“ is an almost mystical colour. Its deep blue nature refers to profoundness and in combination with oceans to a surprisingly still largely unexplored world of biodiversity. Additionally, in association with endlessly forthcoming and retreating waves, indigo reveals its many possible shades. Oceans separate or link continents and it is this feature of Oceans which is explored in the exposition “Indigo Waves and Other Stories” (Gropiusbau). Beyond our all to common focus on the transatlantic relationships, “Indigo Waves” explores the links between the African and Asian continents. Embarking on a new narrative for the Afrasian Sea, i.e. the Indian Ocean, we are taken to new horizons through the continuous challenge to our value systems, comprehension of art, poetry or culture more generally. The exposition, through multiple challenges, succeeds in displacing us into the context of other perspectives. Following Oscar Murillo, imagine to view the water roses from Claude Monet (Les Nymphéas) from below the surface. What do you expect? In Europe? Near a barrier reef in the Indian Ocean? Beauty is often not visible at first sight, yet it is co-determined by the currents that build and potentially destroy it (compare photo from exhibition below). The balance of social ecosystems is easily messed-up just like the beauty of ecosystems in nature. “Indigo Waves and other stories” tells us other versions of the colonial stories most of our history books told us for centuries. It is an eye-opening exposition, but probably not the way we expect. Following a poem towards the end of the exhibition by Tishani Doshi “Do not go out in the storm”, we are drawn into the ambiguity of our existence irrespective of the continent of origin. Jack Beng-Thi preserves a poem from Jean Joseph Rabearivelo in his artistic book creation and installation to bring to light “indigo waves”. “vos yeux clignotent dans l’azur, et je les appelle : étoiles. ” (Translated suggestion: “your eyes blink in the blue sky, and I call them: stars).
Visual
Key visuals have the potential to appeal to us like an own language. From a communication point of view the message is simple. You send a message from your visual appearance even if you do not intend to do so. Hence, better think about it briefly before you go public. The receiver might interpret your visual statement differently from you or other peers, but you offer a coherent version of your activity or appearance. Be it politicians (Merkel) or others, frequently memory allows only for key visuals to make lasting impressions or for something or someone to enter into collective memory of a decade or even a century. Repetition, also from different sources, plays a major part in this. It is surprisingly still uncommon to hire persons in charge of key visuals for a person, an organisation or a festival. Haphazard treatment of key visuals as part of marketing is probably an underestimation of the lasting impact of a coherent visual message. Stability and repetition are key here, rather than the wide-spread ad-hoc approaches to marketing. Only on the margin of the exposition devoted to Philippe Apeloig “Des esquisses à l’affiche” (BnF) this lesson can be learned. The merit of the exposition is the opening-up of the process of creation. Posters, graphics and typescripts all contribute to the overall visual message. Achieving coherence in the thousands of choices demands an aesthetic point of view. This may blend aesthetic languages of a decade and reflections on the subject. Catching an audience at the time of affluence of images, movies and accelerated rhythms of daily life remains a challenge. For the “Fête du Livre” Apeloig has achieved this in a memorable way, well worth a tiny exposition of donations from a master in visual communication.
Erklärungsnot
Kaum gewählt und schon in Erklärungsnot. So könnten wir die Amtsgeilheit von Kai Wegner und seiner Vorgängerin Giffey beschreiben. Vermutlich mit den Stimmen der Rechtsextremen als Bürgermeister gewählt, stand heute am 28.4.2023 ein Besuch für den regierenden Bürgermeister auf dem Israeltag der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Berlin-Brandenburg (DIG-BB) bereits als Termin. Da ergibt sich gleich eine schwierige Erklärungsnot für den Bürgermeister und die vorher einladende DIG-BB. Sollen wir den eindeutig, zweideutig gewählten Bürgermeister ausladen oder machen wir gute Miene zum bösen parlamentarischen Spiel. Vergleichbare Peinlichkeiten wird es nun gehäuft geben. Das hat uns nun die Nachwahl beschert. Demokratie ist ein schweres Geschäft und Missbrauch der Prozeduren kann erneut das gesamte System gefährden. Muss das schon wieder in Berlin anfangen. Zum Termin am Wittenberg, ausgerechnet vor dem KaDeWe, waren ungefähr 2x so viele Polizisten und Sicherheitskräfte vor Ort als Interessierte an den Ständen der wichtigen Partnerarbeit mit Israel. Schade, aber vor lauter Erklärungsnot in den nächsten Wochen, Monaten und vielleicht Jahren wird die Sacharbeit wieder in den Hintergrund treten. Dabei gab es doch genug zu tun, damit Berlin funktioniert, oder?
Pastiche
Die lange Tradition der “Pastiche“ (BnF, 2023) der französischen Presse ist nur wenig über Frankreich hinaus bekannt. Sicherlich kennen viele den wöchentlich erscheinenden „Canard enchainé“ oder die Satire-Zeitschrift „Charlie Hebdo“. Die witzigen, fälschenden Plagiate von bekannten Zeitungen und Zeitschriften, Pastiche genannt, haben einen Kreis an Liebhabenden, die sich ihren Humor nicht nehmen lassen. In Gesprächen gilt oft die humorvolle Sichtweise auf Politik, oder das tägliche Leben, als intelligent. Eine andere, unübliche oder gar verbotene Perspektive auf einen Sachverhalt kann ja bekanntlich zu einiger Erheiterung beitragen. Was sich seriöse Medien nicht erlauben, darf dann schon mal in den Pastiche vorkommen. Wie weit darf Humor gehen bis Humor verletzend oder gesetzeswidrig wird. Diese Grenzen sind je nach Kultur und politischen Gegebenheiten verschieden. In Frankreich lässt man/frau sich nicht den Augenzwinker verbieten. Übersetzen lassen sich die oft indirekten Anspielungen nur schwer. Viel Hintergrundwissen, oft nur von kleinen Gruppen von Personen, ist zum Verständnis nötig. Da wird vielfach erst auf den 2. Gedanken gelacht oder geschmunzelt. Die Bestände der BnF daraufhin zu sichten oder überhaupt die Kategorie zu führen, sogar als eine Literaturgattung, ist beachtlich. Nachrevolutionärer Karneval ist eben 365 Tage Narrenfreiheit. Das Recht und Gesetz dazu, wird wohl gut definiert sein. Majestätsbeleidigung wird es da nicht mehr im Strafbuch geben, was zu überprüfen ist.
Royal
Im Palais-Royal, könnte man sagen, geht es noch immer recht „royal“ zu. Unweit vom Louvre lässt sich mitten in Paris fast noch etwas königliches Flair atmen. Unter den Arkaden oder im Garten weht Sommer wie Winter ein kühles Lüftchen und „Over-tourism“ ist noch nicht wirklich ein Problem. Auf engstem Raum findet sich viel Geschichte und Zeitgeschichte ein. Wie der Plan zeigt, haben sich dort einige prominente Institutionen angesiedelt. Neben dem Théâtre du Palais-Royal, ist die Comédie Francaise und das Ministère de la Culture et de la Communication dort angesiedelt. Conseil d’État und Conseil Constitutionnel ebenso. Viel Prominenz, dennoch ist eine überschaubare Polizeipräsenz vor Ort. Das war nur kurzzeitig anders, als der Conseil Constitutionnel über die Reform des Rentensystems zu urteilen hatte. Ein Schelm, wer denkt, dass sich die Theater der Nachbarschaft kurzerhand in den ehrwürdigen Räumen des Conseils verlegt hatten, oder umgekehrt?
Moliére, Hugo stehen noch oft auf dem Programm der Comédie francaise, aktuell jedoch wird Danton’s Tod von Georg Büchner gespielt. Passend zu aktuellen politischen Reaktionen auf den Straßen von Paris und darüber hinaus wird Revolution geprobt. Demokratie ist die politische Form, die Legalität, aber auch Legitimität von Politik am besten ermöglicht. Beides braucht Institutionen und Verfahren, die den Willen des Volkes entsprechend berücksichtigen. Lesen von Jean Jacques Rousseau und sein Konzept des „volonté générale“ bleibt dazu weiterhin erfrischend. Dann am besten wieder zurück in die Bibliothek BnF Richelieu gleich um die Ecke.
Forschen
Forschung betreiben ist meistens das Bohren dicker Bretter. Verständlich, dass das nicht jedermanns oder jederfraus Sache ist. Wer sitzt schon gerne alleine in einer kleinen Zelle und schreibt seine Forschungsergebnisse auf oder liest endlos lange und viel vorherige Forschung? Da ist ein Besuch in Archiven, Laboren oder anderen Datenarchiven schon etwas unterhaltsamer. Forschung ist überwiegend theoriegeleitet. Von Einzelfällen abstrahierende Theorien lassen die Forschenden entweder an diesen Theorien weiterarbeiten oder vielfach irgendeine Form von Daten sammeln mittels derer sie dann die Theorie(n) testen können. Eine Herausforderung an diese Arbeitsweise stellt die rein datengetriebene Induktion dar. Sozusagen der „deus ex machina“ erwächst aus einer hinreichend großen, am besten sich ständig erweiternden, Datenbasis. Wetterdaten, Verkehrsdaten, Krankheitsdaten, Börsendaten und Arbeitsmarktdaten bieten für sowohl für deduktive als auch induktive Verfahren hervorragende Beispiele. Datensammeln in Archiven, beispielsweise Rekonstruktion oder Interpretation eines Lebensverlaufs aus Korrespondenz ist ein klassisches Verfahren von meistens LiteraturwissenschaftlerInnen. Manche Archive belohnen die Forschenden mit Glanz und andere mit Gloria, selten mit beidem. Glänzende Aussichten bietet die biographische Forschung zu Komponisten und MusikerInnen in Paris. In der kleinen, aber sehr feinen Bibliothek der „Opera Garnier“ bin ich zu dem Komponisten Flotow fündig geworden. Es befinden sich dort in der Komponistenakte Zeitungsausschnitte, die 150 Jahre alt sind und ein Büchlein aus frühen DDR-Zeiten, die den Aristokratenkomponist durchaus kritisch durchleuchten. Die Ablenkung auf dem Weg in die Bibliothek und dem Archiv der Oper ist allerdings atemberaubend, also nur für ganz überzeugte Forschende zu empfehlen. Die meisten werden von der Opulenz des Bauwerks so beeindruckt, dass jegliche Forschungsfrage und Theorie „backstage“ verwiesen werden. Selbst backstage kann es ziemlich schön sein.
Rhetoricae artis
“Die Kunst der Rhetorik und der positiven Fähigkeit” ist eine kleine Wissenschaft. So hieß es bereits 1475 in dem von Guillaume Rardif veröffentlichten Buchdruck aus dem “Atelier du Soufflet Vert”. (BnF, Réserve des livres rares, Rés. X-1118). Als Teil der Ausstellung zum Buckdruck entnehmen wir 5 wichtige Hinweise für die Kunst der öffentlichen Rede: (1) inventio = (Er-)findungskraft, (2) dispositio = Anordnung, Gliederung, (3) elocutio = Ausdrucksweise, Stil, (4) memoria = Erinnerungsvermögen, (5) pronunciatio = Urteilskraft.
Ein kritzelnder Leser hat mit Bleistift die 6 Teile angefügt. Exordium = Einleitung, Narratio = Erzählung, Sachverhalt, partitio = Einteilung, und schließlich die dialektik mit Confirmatio, Rufusation, Conclusio. Abweichungen von diesem rhetorischen Schema sind noch immer selten. Das galt wohl seit dem 15-ten Jahrhundert schon für Predigten und wissenschaftliche Vorträge. Alles altes Latein, oder was? Die heute übliche “Elevator-speech” folgt anderen Regeln. Die Aufmerksamkeitsökonomie und Flut der Informationen erzwingt viel kürzere Redezeiten. Die Nachhaltigkeit der Botschaft wird anders erzeugt. Bildlichkeit ist Trumpf in Erscheinung und Auftritt. Auch das will gelernt sein. Die Bücher damals waren selbst ästhetische Kunstwerke und dennoch Arbeitsbücher, leider nur für sehr wohlhabende Studierende.
Kimono
Die Ausstellung zur Geschichte, Kultur und Vielfalt des japanischen Kimonos ist beeindruckend. Natürlich kennen wir alle den Kimono aus Kinofilmen oder Fernsehen. Eine kleine, feine Sammlung wird noch bis Ende Mai im “Musée du quai Branly“ gezeigt. Die Betonung liegt dabei auf der Adaptationsfähigkeit des klassischen Kostüms. Selbstverständlich war der Kimono immer schon ein Gewand der sozialen Distinktion. Kleider machten und machen Leute, nicht wahr? Für das deutschsprachige Publikum ist der Rat der Designerin Shibasaki Rumi, die ihre eigene Marke Rumi Rock in Japan hat, interessant. Der Kimono könnte auch problemlos mit Birkenstock Sandalen kombiniert werden, für alle, die keine „japanischen Geta Sandalen“ und passende Socken im Schrank haben. „Cross-cultural fertilisation“, der Kimono ist wandlungsfähig und bringt nach wie vor exotischen Touch mit sich. Damit lässt sich vortrefflich überraschen. Das wusste schon Pop-Ikone David Bowie in den 1970-ger Jahren für sich zu nutzen.
20th Century
With 22 years into the 21st century it’s about time to dare to write the history of the 20th century. This is in many ways a steep challenge. Summarizing across so many decades (20s, 30s …) has to focus on a few events (wars) or topics (hate) that serve to characterize the century. Of course, intrinsic to the matter is the comparison to other centuries as well. Therefore, the task might be left to great historians only. Well other approaches are feasible as well and “Le vingtième siècle” by author and journalist Aurélien Bellanger constitutes a literary version of the time span of a hundred years corresponding to the 20th century. Bellanger chooses Walter Benjamin as philosophical anchor, both his works and life history. But as this history describes maybe the first half of the century he extends the reach of Benjamin into the 2nd half by introducing a “history-repeating” character into the narration. A literary circle interested in Benjamin as philosopher of the 20th century inquires about another disappearance of a poet and philosopher. Whereas the 19th century literature was full of romantic drama and “Freitod”, the 20th century has characterising deaths out of despair. Walter Benjamin is a prominent example of this. The solitude of the democraticly minded critic who ends in despair of the rising tide of fascism. Despite his premature death trying to escape the persecution of Nazi Germany, his writings live on beyond the fascists attempt to erradicate his critical thoughts. Loneliness of writers and poets in the 2nd half of the century is of another kind, but still frequently marked by isolation. Even fantastic libraries like the 2 sites of the Bibliothèque Nationale de France (BnF) houses many artists and researchers literally lost in archives. Most of them escape tragedy by publishing splendid pieces of their own creative minds. The “economy of attention” allows only very short time slots of recognition. The “Entzauberung der Welt”, the demystification of the world no longer allows for secrets and splendour at the end of the 20th century.
Long exchanges of long letters were an intellectual ritual at the beginning of the century subsequently lost to ever shorter and faster email exchanges. Acceleration is the time stamp of the 20th century and time for interpersonal exchange and group formation or circles of artists as well as scientists. Aurélien Bellanger achieves a splendid masterpiece that invites us to reflect on our recent past from a philosophical perspective. The philosophy of language is an interesting angle to choose. A cubist perspective asks us to add other angles to describe and analyse the prism of the 20th century.
History
Approaching history with a personal touch is a powerful way of attracting persons into learning about others and themselves. The use of some personal belongings as part of a “history box” can be the beginning of an historical journey into the 30s, 40s, 50s or any other decade. It is an empowering tool for learners of all ages. Digging deeper into personal histories, societal constellations and societal change becomes alive through tiny little things. Communicating about these artefacts blends old and new narratives, just as much as the life courses of the “common woman or man” with the celebrities of the time. “Getting personal” is the hype in the time when social media want to define our life though endless nudging. Reflecting on origins is not what we tend to do, PhotoAPPs create retrospects for us, take it, or leave it. History is catching up on us. The fashion world reinvents history on a seasonal basis. After all, a bag is a bag is a bag. Or is it different from the one a person took to Auschwitz.
Alkoholismus
Alkohol ist eine Droge, da Alkohol abhängig machen kann. Die Bewusstseinsveränderungen können beachtliche bis extreme Ausmaße erreichen. Das wissen wir alle und zwar seit Jahrhunderten. Mäßigung bei Rauschmitteln ist nötig, aber schwer erlernbar. Etwas Genuss ist gesellschaftlich nicht nur toleriert, sondern gewollt zur Förderung der Geselligkeit. Zu viel Genuss beeinträchtigt meistens andere und wird dann zu einer schwierigen Problematik. Ärztinnen, Psychologinnen und andere Heilberufe stehen oft hilflos, wie auch das nahe familiäre Umfeld, vor dieser Situation. Selbst neuere Studien weisen darauf hin, dass die Versorgung dieser Patienten (UK), bestenfalls in der Hälfte der Fälle als gut einzustufen ist. Die Studie zu Großbritannien beschreibt gleichfalls die Krankheitsgeschichte und -versorgung als „eskalierende Tragödie“. Für die meisten anderen Länder liegen keine wirklich guten Daten vor, die weder einen Handlungsbedarf noch auf einen gesellschaftlichen Gestaltungswillen hindeuten würden.
Die Radiosendung zum Thema „Umgang mit Alkoholkranken“ und die Initiative von Sänger Max Mutzke, „Kindern suchtkranker Eltern eine Stimme geben“ beschreibt eindrücklich die generationsübergreifende Bedeutung von Alkoholkrankheit. Alkohol ist eben nicht nur das Problem der betroffenen Person. Ein ganzes Umfeld ist betroffen. Das Problem wächst sich meistens aus zu einer Problematik für das weitere familiäre Umfeld, Freundeskreise und ArbeitskollegInnen. Es ist erstaunlich, dass wir seit Jahrhunderten keinen anderen Umgang mit alkoholbasierten Rauschmitteln gefunden haben, als alles erlaubt oder alles verboten, außer der Altersbegrenzung für Kinder und beim Autofahren. Der Maler Bruegel sah das wohl ähnlich. Den St. Martinswein kann sich heute jeder im Laden um die Ecke selbst kaufen. Mäßigung im Umgang mit Drogen ist nach wie vor ein schwieriger Lernprozess, für Einzelne (Jordaens – Der König drinkt!), wie für die Gesellschaft. ( fast betrunkenes Video Alko VLC Bruegel MRBA Bruxelles.jpg zur Bildexploration).
Sax and the Sax
Adolphe Sax is celebrated for his celebrated design of musical instruments in what it known and played as the Sax family of musical instruments. Most museums around the world have an example of an early Sax instrument in their collections. Beyond the many fascinating musical delights and emotions produced with the instrument, there is a century-old debate around the issue of the patent attributed to the various designs claimed by Adolphe Sax for the Saxophone among others. The patent attribution was hugely different across Europe in the 19th century (largely inexistant in other parts of the world at the time). The reason for this were differing laws guiding intellectual property rights. “In France no preliminary examination was necessary before a patent could be granted; in Germany examination was obligatory; and … British patent laws, which allowed makers to register designs or apply for patents for developments that had been copied from abroad (imported inventions), as long as they had not been published in Britain.” (Mitroulia and Myers, 2008 p.93). There is a well-documented controversy about the “Berlin valves” and the contested patent in France of it. Design of instruments, particularly popular ones, guarantee sizable earnings for producers of instruments. After 20 years of the 1846 patent in France 1866 the patent expired and the copies could become even cheaper. Some ugly disputes in the middle of Europe were fought around this issue. Remember that military music was still accompanying troops for better or worse. “Visionary or plagiarist? The authors are unable to give a simple verdict. … The fact that Sax claimed originality for some borrowed ideas seems in retrospect less important than the true vision shown.” (Mitroulia and Myers, 2008 p.135). We might not agree with this statement. The visit to the MIM in Brussels gives a good overview of the evolution of musical instruments over thousands of years and across continents, which pushes us to rethink the link of society and technology through the lens of music and technology. Welcome to techno music beyond patent laws. Pushing the boundaries of copyrights on sound sequences to new limits.
(Sources: MIM Brussels, Rice A. R. (2009). Making and improving the nineteenth-century saxophone. Journal of the American Musical Instrument Society. 35:81-122. Mitroulia, E., A. Myers. (2008). Adolphe Sax: Visionary or plagiarist? Historic Brass Society journal, 20, 93-141).
Dumky
In cultural performances it is always interesting to refer back to titles given or attributed for example to music pieces. Dumky is the title of Antonin Dvořák’s 4. Klavier-Trio opus 90. In the late 19th century Antonin Dvořák found inspiration in the notion of Dumky. Rather than just composing a “Trauergesang with few joyful intermezzi” he creates a new form for this Trio containing, quite unusual, 6 parts. Dvořák plays around with structure and sharp swings from “piano to forte” parts, “moll to dur” intonations reflecting sorrow and joy in frequent and refreshing short sequences. It feels sometimes like fireworks, but at times the sorrow of soldiers and their families becomes evident as well. However, the music proves resilient. Knowing that Dumky is a Ukrainian word and notion, the choice of one of the masterpieces of Antonin Dvořák close to the 24.2.2023, the day of the anniversary of the Russian attack on Ukraine is a commemoration of the sorrow caused by war and ways to overcome it. The “Concerts de Midi” of the Musée des Instruments de Musique” allowed us to travel through Ukraine a bit and experience the longing for better times. Joy will eventually prevail there again just listen to Dvořák’s version of the Dumky. Superb and effectful presentation of the work by the “Trio Impression” made for a memorable lunch break in the city centre of Brussels. The (virtual) visit of the Museum should be one of the attractions of visitors to Brussels as well, not just for the Art Nouveau architecture, but for the inclusive “global music” collection.
Bogenschütze
Der Bogenschütze, seine Materialien und Techniken, hat seit Jahrtausenden die Menschheit beeinflusst. Im Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind schon mehr als 10.000 Tote auf ukrainischer Seite zu beklagen. Der stille Protest vor der russischen Botschaft in Berlin gibt davon Zeugnis. Wer hätte gedacht, dass Heckenschützen in Europa wieder wichtig im Krieg werden. Historisch ist die Bedeutung vielfach belegt und die Künste haben ihren Anteil daran. Auch im Kulturforum Berlins wird wieder aufgerüstet. Nach? der Skulptur “Bastion” vor der Stabi West, hatte die Nationalgalerie ihren dreifachen “Bogenschützen” von Henry Moore auf die Bastion gerichtet. Jetzt hat die Nationalgalerie mit dem Kauf der “Bogenschützen” von Sascha Wiederhold erneut aufgerüstet. Das farbenfrohe Werk des Malers und Bühnenbildners ist derzeit, gleich in der Eingangshalle unten zu bestaunen.
Die “reclining figure” von Moore am UNESCO-Gebäude in Paris hat mich aufgrund des verkörperten Optimismus eher inspiriert, wenngleich das “Three Way Piece No.2 Archer” klare Stellung im Kulturforum bezieht. Die Stabi West hat mit der Renovierung der Stabi Ost und direkter Busline ihre backup Truppen deutlich verstärkt. Mit der Nachbarschaft der Scheune wird die Neue Nationalgalerie, bei erfolgter Unterstützung durch die Gemäldegalerie und der Alten Nationalgalerie auf der Museumsinsel, in einigen Jahren das Kulturforum dominieren. Das WZB hat schon mal seine Kathedrale aufgestockt und die Digitalisierung wird von der Stabi insgesamt dynamisch vorangetrieben. Schon längst ist die Kultur in einem umfassenderen Cyberwettkampf, der zunächst zwischen den Generationen ausgetragen wird. Während die Stabis von der jüngeren und mittleren Generation dominiert werden, haben die Tempel der Moderne ein Alterungsproblem. Ob es nach den Kirchen die Museen treffen wird, bleibt zu befürchten. Die hohen Studierendenzahlen verstärken die Truppen der Stabis. Letztlich hängen alle diese Institutionen am Tropf der öffentlichen Finanzen (Statistikinfo). Es wird mehr MäzenInnen brauchen und viele kleine Fördervereine, die diese wertvolle Vielfalt erhalten wollen. Retten wir, was noch zu retten ist.
Berlin Kulturforum
Am 4.11.22 war mal wieder Museumssonntag. In großer Zahl strömten die Besuchenden in die Berliner Museen. Da war ich auch dabei. Rechtzeitig Zeitfenster zu buchen, war die Devise. Selbst das war mir gelungen. So habe ich mir einen musealen Overkill – “plein dans les yeux” geschaffen, der einen fantastischen kulturhistorischen Gesamteindruck vermittelt hat. Für mich beginnt die architektonische Zeitreise mit dem Bau von James Sterling und seiner “rosa, himmelblauen Denkfabrik” mit seinem einmaligen Grundriss. Dort lässt sich nicht nur im Campanile träumen (C Beispiel hier). Im Video gleich am Anfang zu sehen ist das WZB. Dann geht es über die Gemäldegalerie und dem Kupferstichkabinett zur Matthäuskirche samt Glockenschlag. Die Phiharmonie ist der gold-gelb strahlende Diamant der Schmuckreihe, sicherlich auch wegen der “ansteigenden Weinberge” (Zitat von Architekt Hans Scharoun) darin. Farblich sticht das Zeltdach des windigen Sony Centers hervor. Der Bahntower am Potsdamer Platz hat schon mal das Licht ausgeschaltet, damit die Züge noch rollen. Das Keuzfahrtschiff oder der Containerkoloss des gebürtigen Bremerhavener Scharoun (Staatsbibliothek) ist jetzt sonntags geöffnet und leuchtet in bescheidener Sachlichkeit. Die NNG – Neue Nationalgalerie lässt durch die Beleuchtung und transparente Architektur auf die laufende Ausstellung von “Bonvicini” blicken. Dazugehörig ist die Klanginstallation, die im Hintergrund zu hören ist, auf der äußeren Wandelhalle, die früher schon zu Choreografien inspirierte.
Ach richtig, es fehlt noch etwas. Bei Tageslicht ist der Traum vorbei, da wird an dem nächsten Megaprojekt gebaut, “der Scheune“. Naja, den Grundriss kennen wir ja alle. Das Berliner Psychogramm am Ende des Videos zu sehen, heisst: “I must have a wall behind me”. Ich muss eine Wand/Mauer hinter mir haben. Aber so richtig los kommen von den Mauern, können wir hier nicht, oder?
Wagner Kontrovers
Selbst im 21.-ten Jahrhundert lesen wir weiter von Kontroversen um Richard Wagner (z.B Molnar und Molnar 2022 S.161-186). Dazu hat auch das DHM beigetragen mit einer Ausstellung, die interessante Assessoires aus dem Leben Wagners kürzlich in die Vitrinen stellte (s.u.). Neben Dokumenten zu seinem hartnäckigen Antisemitismus, bereicherten die extravaganten Kleidungsstücke, Maßanfertigungen, Beispieldrucke zu seinen politischen Überzeugungen und Dokumente zur kontinuierlichen Geldnot, die Sichtweise auf das musikalische Schaffen des Komponisten. Verliebtheit in kostspielige Details bei gleichzeitigen Überredungskünsten bei Stiftenden und Gönnern, haben sein überragendes Lebenswerk erst möglich gemacht. Die Zusammenschau von Leben der Person und seinem Werk konnte zeitgleich zur Ausstellung über Karl Marx in Nachbarräumen des DHM in 2022 besucht werden. Die überraschende, aber gelungene, Parallele oder Klammer für beide Ausstellungen ist die von beiden auf völlig unterschiedliche Weise betriebene Kapitalismuskritik, wie ein Begleittext und in Führungen durch die Ausstellungen berichtet wurde. Müssen wir zur Freistellung des Schaffens von Wagner dem Vorschlag Adornos folgen, die Musik des Komponisten frei zu machen von seinem Antisemitismus und der späteren Vereinnahmung durch die Nazis? Es fällt mir äußerst schwer, diese Trennung vorzunehmen. Es ist jedoch Wagners eigenen Schriften zu schulden, dass er einen Absolutismus predigte und darauf hinarbeitete. Das Werk „Muette de Portici“ von Auber, welchem er sogar die Revolution in Belgien zuschrieb (Colas 2012 S.26) hatte ihn schwer beeindruckt. In einem Aufsatz „Über deutsches Musikwesen 1840 S.165, schreibt Wagner, zitiert nach Colas, „La Muette entspricht einem Nationalwerke, wie jede Nation höchstens nur eines auszuweisen hat“. Die kurze Zeit Wagners in Paris ab 1839-1842 hat ihn mehr beeinflusst als er zugeben mochte, vielleicht durch Ablehnung in Frankreich sogar in eine dialektische Entwicklungsrichtung hineinbewegt. Die libertäre und kritische Einstellung Wagners zu politischen und wirtschaftlichen Zuständen seiner Zeit, bei gleichzeitigem Ausleben eines extravaganten Lebensstils, lässt den Tonkünstler in zwiespältigem Licht erscheinen. Dieses Facettenreichtum der Persönlichkeit und des Werks kam in der Ausstellung im DHM gut zur Geltung. Ambivalenz aushalten, lehrte diese Ausstellung. Anregen zu weiterer Befassung mit Person, Werk und Wirkung ist die Folge. Bei mir hat das gewirkt. Die in dieser Zeit sich vertiefenden “Mythen der Nationen” (Flacke M. DHM 1998) in europäischen Ländern, spiegeln den Wettstreit der Komponisten um nationale und überregionale Geltung wider. Ein anderer Komponist dieser Zeit, der als Vermittler zwischen den Kulturen wirken wollte, ist dabei etwas in Vergessenheit geraten, sowie viele andere KomponistInnen dieser Zeit, die sich an dem anzettelten deutsch-französischen Kulturkampf nicht beteiligen wollten. Der Tod von Wagner am 13.2.1883 ist 3 Wochen nach Friedrich von Flotow, 1 Monat vor Karl Marx. In dem Jahr veröffentlicht Nietzsche “Also sprach Zarathustra 1.Band”. Bewegte Zeiten.
Kapitalismus Kritik
Das Deutsche Historische Museum in Berlin (DHM) zeigte vom 10.2 bis 21.8.22 die Ausstellung “Karl Marx und der Kapitalismus“. Die Verbindung von Leben, Werk und Wirkung des in Trier geborenen Sozialwissenschaftlers Karl Marx st eindrucksvoll. In einer knapp gehaltenen Dokumenten- und Exponatensammlung wird die Bedeutung von Marx für die Weltgeschichte durch seine Kapitalismuskritik deutlich. Viele schreckliche Taten wurden in seinem Namen ausgeübt. Dabei geht oft die wissenschaftliche Analyse, die von ihm betrieben wurde unter. Gerade in seinem Verständnis von wirtschaftlichen Krisen hat er Beiträge geleistet, die uns in der Bankenkrise 2007 nochmals klar geworden sind. Weiterhin sind die Arbeiten zur Ungleichheit zwischen Kapitaleignern und Beschäftigten eine grundlegende Herangehensweise geblieben, die von SozialwissenschaftlerInnen auch im 21.-ten Jahrhundert, beispielsweise von Piketty fortgesetzt und mit aktuellen Daten nahezu weltweit untermauert werden. Die Folgen der industriellen Revolution, die er damals erforschte, befasst uns heute wieder in anderer Form zum Beispiel mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf Beschäftigung und Lohngefüge. Selbst den von ihm geprägten Begriff der Ausbeutung, verwenden wir weniger auf Beschäftigung, als auf die Ausbeutung der Natur oder unserer Umwelt zugunsten von einseitiger Kapitalvermehrung. Kurz gesagt: Karl hat keinen Murx gemacht, sondern Methoden und Analysen geliefert, die noch die heutigen Jugendlichen und nächsten Generationen beschäftigen werden. Damit wird das DHM einem Postulat gerecht, das bereits bei der Eröffnung des Historischen Museums Frankfurt von Hilmar Hoffmann formuliert wurde: “Ein demokratisches historisches Museum ist kein Museum, das Kriegschroniken in goldenen Lettern schreibt oder die Mächtigen zu Übermenschen stilisiert. Es informiert vielmehr über die Geschichte des Volkes, über die Sozialgeschichte der Durchschnittsmenschen”. (S.33 in DHM Ideen-Kontroversen-Perspektiven 1988). Zu all diesem hat die Ausstellung “Karl Marx und der Kapitalismus” unzweifelhaft einen guten Beitrag geleistet. Was bleibt? x-tausend BesucherInnen und ein dicker Katalog. Reicht das? Wirkungsforschung zu Ausstellungen könnte hilfreich sein.
Merkel
Angela Merkel gehört nun endgültig zur Geschichte. Zuerst die Ausstellung von Merkel-Porträts von 1919-2021 der Fotografin Herlinde Koelbl im DHM mit Katalog erschienen bei Taschen, kürzlich das Interview des Spiegelredakteurs und die Quintessenz daraus in LeMonde vom 29.11.22, zusammengenommen eine kleine Bilanz der Amtszeiten. Die Porträts (1) in Draufsicht 2/3 des Bildes durch das Gesicht ausgefüllt und (2) stehend mit Händen zur Raute geformt, zeigen das Altern durch die Last der Ämter. Ist die Raute anfangs noch mit Druck und weit abgesreizten Fingern zu sehen, wird die Geste im Laufe der Amtszeit lust- und kraftlos. Der Gestaltungswille noch als Umweltministerin hat sich durch Getrieben-sein später abgenutzt. Das Bild 13 der Pressemappe zeigt die Kanzlerin 2020 mit Maske und nur noch 2 Fingern jeder Hand, die sich berühren. Aus der Versuch der Quadratur des Kreises in Amts-, Partei- und Koalitionsgeschäften. Auch das Bild auf S. 243 des Katalogs von 2021 spiegelt eher eine gequälte Kanzerlin statt eine streitbare Verfechterin ihres Amtes wider. In Rückschau erscheint es wohl doch zu lange gewesen sein für den Menschen Merkel. Der Verweis auf das freiwille Ausscheiden aus den Ämtern ist nur die halbe Wahrheit. Im Spiegel Interview (ab Minute 12!) berichtet Frau Merkel von 2 Dingen, die sie sich jetzt vorgenommen hat: mehr bewegen und mehr lesen. Das trifft es auf den Kopf.
Mehr bewegen, eben gerade in der Politik hätten sich Millionen von Deutschen gewünscht, dass sie mehr bewegt auf wichtigen Themen- und Politikfeldern. Überall da zum Beispiel, wo wir nun wissen, wir hinken hinterher: Klimaschutz, digitale und öffentliche Infrastruktur, Verteidigungssysteme, Bekämpfung von Ungleichheit, Steuergerechtigkeit, nachhaltigen Verkehr in Städten und auf dem Land, um nur einige zu nennen.
Mehr lesen, offenbart, das Hören auf Einflüsterer hatte einen hohen Stellenwert, scheinbar mehr, als das Erarbeiten einer eigenen Position durch Aktenstudium. Die Regierungskunst der Kanzlerin bestand hauptsächlich im geschickten Moderieren der unterschiedlichen Positionen innerhalb der Koalitionspartner, insbesondere auch mit der CSU. Im Rückblick heute kommen mir die 16 Regierungsjahre als Zeit der verpassten Chancen vor, aber die Bescheidenheit im Amt hat Deutschland gut gestanden. Das hat Olaf Scholz bei ihr abgeguckt, nur, ihr Nachfolger ist zu beherztem Handeln im Amt gezwungen. Das blieb Angela Merkel weitgehend erspart. Jetzt ist Bewegung gefragt, Aufholbewegung zunächst. Stillstand überwinden, Planungsverfahren verkürzen damit erneuerbare Energien sprießen.
Stabi Ost
Die Staatsbibliothek zu Berlin hat 2 Standorte: Unter den Linden im Ostteil und Potsdamerstraße im Westteil der Stadt. Inhaltlich muss ich mal hierhin und mal dahin. Das macht nichts, denn es lässt sich so die Architektur und die Kunst am Bau vergleichen, als Begleiterscheinung. Meine Lieblingswerke sind die Leuchten in der Stabi West und die Uhren in der Stabi Ost. Die Architektur des frühen 20.-ten Jahrhunderts im Osten ist eher furchterregend und nicht wirklich einladend finde ich. Damals waren in Deutschland Bibliotheken noch elitären Kreisen vorbehalten, wie in der Bibliothèque nationale de France in Paris hatte die Stabi Ost einen runden Lesesaal, der wurde aber in dem Wiederaufbau nicht erhalten. Die eckige Variante in der Mitte der historischen Außenwände erscheint ungemütlich und in der Tat braucht die ungemütliche, unrühmliche Geschichte Deutschlands ständig solche Erinnerung daran. Neues Licht auf die historische Schatten werfen, durch die transparente Dachkonstruktion, ist in der historischen Sammlung an den Rändern jedem Nutzenden möglich. Das Treppenhaus ist in der offenen Bauweise der Stabi West mit den Leuten (allerdings aus Plastik) einladender. Aber das sollte jeder selbst auf sich wirken lassen. Heute profitieren wir von der Zugänglichkeit bei kostenloser Nutzung der Säle und Bestände in Berlin und der zentralen Erreichbarkeit beider Bibliotheken.
Kunst am Bau
In der Ausstellung „Kunst am Bau“, anzusehen als Abschluss der Ausstellungsserie in der Staatsbibliothek in Berlin, Potsdamer Straße bis Januar 2023, lässt sich trefflich über Kunst streiten. Es ist gleichzeitig ein gelungenes Experiment die offene Diskussion über Kunst, hier Kunst am Bau, zu befördern. Natürlich ist sowohl die Kunst am Bau an sich, als auch den Ausstellungsmachenden vornehmlich an Selbstinszenierung gelegen, jut sichtbar in den kurzen Präsentationsvideos der Ausstellung. Selten ist der dialektische Dialog, also eine Selbstinszenierung mit Bescheidenheit oder kritischer Selbstreflektion verbunden. Obwohl gerade Kunst dafür eine der Moderne angepasste Denkweise widerspiegeln könnte, ist die Kunst am Bau meistens erst im Nachgang der Umsetzung der Architektenpläne, Wettbewerbe und Realisierungen beauftragt mit wenigen Ausnahmen. Wichtig ist bei aller Kritik das „Zur-Diskussion-Stellen“ der Kunst, wie es die Ausstellungsserie versucht. Wissensforschende fragen dabei nach einer seriösen Evaluation solcher öffentlichen Aktivitäten eines selbstinszenierenden Wanderzirkuses. Die digitale Version „Museum der 1000 Orte“ beeindruckt mehr. Dort können für jeden sichtbar die Kunstschätze in Bundesbauten besichtigt werden (2D only). Mich hat Daniel Buren im BMAS fasziniert (la grande fenêtre 2001). Die Strahlkraft noch mehr seit der „Zeitenwende 2022 “ zur Geltung. Mit knapp unter 100.000 € ist ein fairer Preis damals dafür gezahlt worden, heute wohl schon deutlich mehr wert. Meine Spontanevaluation, basierend auf der Bedeutung den Geflüchteten aus der Ukraine rasch Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen zu wollen, die im BMAS erarbeitet wurde, könnten wir vielleicht diesem täglichen Anblick im Ministerium verdanken. Schöne Spekulation über die möglichen Anstöße von Kunst.
Du sollst mehr lesen
In unseren hektischen Zeiten, kommt so ein Aufruf immer passend. Statt Reisen kann ja auch online erkundet werden. Alles bildet, heute multimedial versteht sich. Dennoch lässt es sich wunderbar statt im stillen, heute kalten, Kämmerlein in öffentlichen Bibliotheken stöbern oder recherchieren. Die Bibliothèque nationale de France hat dazu eine alte gute Stube renoviert und richtig herausgeputzt. Die Kathedralen der Moderne in Stockholm, Brüssel mal flämisch, mal frankophon setzen auch bereits auf Zugänglichkeit für alle. Das Konzept war bereits in Paris in den aufgestellten Büchern, der Bibliothekstürme der BnF präsent. Begehbare Bücher samt Garten, Ausstellungen und Treffpunkten ziehen viele Besuchenden an. Mit dem historischen Standort Richelieu im Zentrum von Paris nahe Chatelet ist eine neue Dimension entstanden. Ob es gelingen wird, Touristen zu Lesenden und zu Lernenden weiter zu entwickeln, bleibt eine wichtige Frage für das Überleben unserer Kulturen und Demokratien. Neben der zur Schaustellung von Büchern gibt es auch Zugang zu neuen Medien und ein Set für virtuelle Realitäten zu Ausstellungen moderner Künstler seit dem Impressionismus. Die Verknüpfung von Kunst-, Geistes- und Architekturgeschichte mit aktuellem Design (neue Designerstühle) ist gelungen, Probesitzen eingeschlossen. So erschließen sich neue Traumwelten und harte Realitäten in einem Zug.
Was macht die Kunst
Das Leben in Metropolen erlaubt es, an fantastischen Wochenenden teilzunehmen ohne viel CO2-Aufwand. So konnten wir an dem “Brussels Galery Weekend” mit längeren Spaziergängen von Galerie zu Galerie schreiten und Inspirationen sammeln. Mit Blick über die Jahre hinweg, zeigt sich viel Kontinuität im Kunstbetrieb trotz Corona-Unterbrechung. Das Home-Office-Syndrom ist erklärter Einfluss in den Arbeiten von “Michael Cline” (Nino Mier Galery Brussels) mit Hinwendung zu introvertierter in matten Farben erscheinenden Pflanzenansichten. Philosophisch angelehnt an den späten Voltaire, der sich nach bewegtem Leben und Schreiben, vorwiegend seinem Garten und Pflanzen gewidmet hat.
Politisch anregender und streitbarer geht es da schon die letzten 30 Jahre (!) bei den kollaborativen Künstlern “Lucy + Jorge Orta” zu. Seit Ausstellungen zur COP21 im Grand Palais in Paris und vielen anderen gibt es eine Zusammenschau nun in Brüssel bis 12.11.22 im “Patinoire Royale” bei der Galerie Valérie Bach (engl) zu sehen.
Also, was macht die Kunst? Sie lebt nach der Krise, wie vor der Krise und in der Krise und hyperventiliert. Aber, wer schaut noch hin und lässt sich anrühren. Längst erschlägt uns die Bilderflut des täglichen Medienrummels. Dabei haben wir die Hoheit über unsere Augen und Ohren. Auffallend ist die Inszenierung der meisten Galerien als Ruheräume, oft etwas abseits der Hauptstraßen und mit Hinterhöfen oder -gärten. Auch diese Kathedralen der Moderne generieren Kraft aus Stille gepaart mit Anregung.
VR im Museum
Das jüdische Museum hat am 8.5.2022 eine Klanginstallation der ganz besonderen Art aufgeführt. Die Pianistin Annika Treutler hatte Werke von Viktor Ullmann aufgeführt, die zusätzlich durch 3D Aufnahme virtuell in z.B zeitgenössischen Musiksälen erklingen kann. Damit lebt die Musik heute weiter in vielen Konzertsälen und Klangräumen. Eine ganz besondere Freude zum Sieg über Nazi-Deutschland. Der Vernichtung von Kulturgütern kann begegnet werden durch innovative Technik. Alexander Stublic hat ebenfalls eine kurze Erläuterung zu seiner VR-Installation Innerland gegeben. Dem Siemens Arts Program ist hiermit eine einmalige Würdigung der Geschichte zum Tag der Befreiung von Nazi-Deutschland gelungen, bei gleichzeitiger Projektion in eine vielfältige Zukunft. Vergessene Werke können so zu neuem Leben erweckt werden und für nächste Generationen mittels neuer technischer Möglichkeiten übersetzt werden. Das Live Klavierkonzert von Tamar Halperin hat diesen Ansatz vorzüglich klanglich umgesetzt mit zentraler Referenz zu Viktor Ullmann, eingerahmt von eigenen Kompositionen. Ich verneige mich in Dankbarkeit für eine würdige Feierstunde bei allen Kunstschaffenden und Organisierenden. Hoffentlich bleibt die Möglichkeit des virtuellen Begehens der Aufführungen länger als die geplanten 2 Wochen bestehen. Für mich bleibt diese Erinnerung für immer mit dem 8. Mai verbunden.



Tanz in Berlin
Anne Teresa De Keersmaeker hat mit ihrer Kompanie “Rosas” in dem Stück “Dark Red” in der Neuen Nationalgalerie eine traumhafte Inszenierung ihrer Choreografie verwirklichen können. Zu modernen Klängen einer Querflöte tanzt in dieser riesigen leeren Halle die Choreografin erst selbst bevor eine andere tanzende Person auftritt. Wenige überschwengliche Sprünge oder ausgreifende Bewegungen begleiten die Live-Musik. Nahezu reflektierte, introvertierte Bewegung setzt Kontrapunkte zu der verschwenderischen Architektur von Mies van der Rohe. Die Eingangshalle der Neuen Nationalgalerie ist eine Bühne, wie sie die Choreografin De Keersmaeker liebt, hat sie doch feste Engagements in klassischen Opernhäusern abgelehnt wegen der Beengtheit der Bühnen und Blickwinkel. Die 360° anzusehende Performance und beliebig sitzende oder stehende Zuschauende sind Teil des Konzepts “Dark Red”. Zum Abschluss geht die tanzende Botschaft raus in die Welt und löst das Bühnenkonzept auf. Eindrückliche Bilder entstehen so, die stärker und nachhaltiger sind als das klassische Repertoire, durch Anlehnen an Streetdance und Reflektionen über Bewegung, Raum und Grenzen. Schade, dass es nur 3 Tage mit jeweils 3 Performances Ende März 2022 gab. Vor der einmaligen Kulisse der Nachbarbauten erlaubte das Zusehen wechselnde Bühnenbilder und Erinnerungen an die offenen Ateliers der Berliner Tanzwochen. Nur das Publikum blieb noch etwas steif am Samstag morgens um 11 Uhr. Auf dem Foto unten im Profil ist die aktive Tanzende und Choreografin gleichzeitig Teil und Kopf der Performance.
Verkauf
Wer kauft was im “Sale” im Schlussverkauf? Die Einzelhändler*innen der Kleidung verkaufen zum Jahresende die Wintermode bevor der Winter so richtig begonnen hat. Die jahrhunderte alte Tradition der Konsumtempel muss sich jedes Jahr neu erfinden. Zumindest die ausgestellte Ware soll immer wieder neu aussehen. Selbst die Architektur gibt uns den Eindruck des Neuen, wo eigentlich das Alte nur neu rausgeputzt wird. Allemal ist das ökologischer, aber ganz schön, und schön aufwendig. Der Leipziger Platz in Berlin auf historischen Aufnahmen (s.u.) oder das KaDeWe waren schon solche architektonische Highlights. Frisch herausgeputzt, wie die Pariser Häuser “La Samaritaine” “Le Printemps” und eben das KaDeWe in Berlin, wird “Shoppen” als Erlebnis zelebriert.
Der Museumsbesuch mit angegliedertem Shop wird ersetzt mit dem Shopping Mall in historisch wertvollem Architekturdenkmal. Schon längst ist aus “Lasset uns beten”, “Lasset uns shoppen” geworden. Der Kuhdammwandernde in Berlin nimmt vielleicht noch die Gedenktafel für Robert Musil war. Sein programmatisch unvollendeter Roman, von Precht als “kategorischer Konjunktiv” gewürdigt, umschreibt die sich aufdrängenden, imperativen Traumwelten der Konsumtempel. Ich shoppe, also bin ich, meint der moderne Mensch. Dabei sollte doch der Titel von Robert Musils Roman “Der Mann ohne Eigenschaften” uns nachdrücklich zu denken geben. Die gesichtslosen Ausstellungspuppen im Stil unisex suggerieren eine Inklusion, die reichlich exklusiv bleibt. Prosit Altjahr, Posit Neujahr!