Weinpropaganda

Staatspropaganda kann viele Wege gehen. Die von Christof Krieger ausführlich beschriebene Propaganda mittels Wein, für das nationalsozialistische Regime Werbung zu betreiben, ist ein gelungenes Beispiel für eine bisher wenig beleuchtete Propaganda. Im Sinne einer populären Strategie, Wein für die Massen zu produzieren, konnte die günstigem Wetter geschuldete Überproduktion bei Abnahmegarantie zu Festpreisen in den ersten Jahren der Nazidiktatur dem Volk, das als Luxus geltende Weinsaufen, nahegebracht werden. Ansonsten wäre eben Industriealkohol entstanden. Wir kennen die Thematik aus der EU-Agrarpolitik. Die von den Nazis organisierten Weinpatenschaften bestehen vielfach als „Städtepartnerschaften“ fort. So war beispielsweise das reiche Düsseldorf mit dem kleinen Winzerdorf Graach bei Bernkastel-Kues verbunden. In Berlin finden sich eine ganze Reihe von Plätzen und Straßen, die nach kleinen Weinorten benannt sind inklusive der alljährlichen stattfindenden Weinfeste.
Die Veröffentlichung der Dissertation im Rhein-Mosel-Verlag ist vorerst vergriffen, aber sicherlich bald wieder erhältlich. Das Interesse an diesen Verbindungen ist groß, da damit viele Familiengeschichten eventuell neu aufgearbeitet werden müssen. Plötzliche große Nachfrage schaffte Begünstigte und neue Abhängigkeiten. Wie sich später herausstellen sollte, führte das politische Eingreifen in den Markt zu erheblichen Verstrickungen. Also einfach nur Saufen ist auch nicht mehr wie früher, war es eigentlich nie. Bier saufen für die lokale Landwirtschaft ist ja auch nicht wirklich nachhaltig.