Die Recherchen zu den Nachkriegseltern von Miriam Gebhardt haben eine persönliche und geschichtsschreibende Funktion. Die Zusammenfassung der Erfahrungen der Nachkriegseltern aus Biografien und Tagebüchern aus dem Literaturarchiv Marbach haben ein interessantes Psychogramm einer Generation von Eltern entstehen lassen, die sich meistens überhaupt nicht der Prägung durch die menschenverachtende, nationalsozialistische Ideologie bewusst waren und viele immer noch auch sind. Gut recherchiert und mit zahlreichen Originalquellen unterlegt beschreibt sie die Schweigsamkeit und Fokussierung auf wirtschaftlichen Erfolg dieser Generation von Eltern. Familienorientierung und Fixierung auf beruflichen Erfolg war gepaart mit traditionellen Rollenbildern von Frauen in sekundären Funktionen.
Spannend sind darüber hinaus die Anspielungen, wie die Erfahrungen unserer Väter und Mütter uns, die Babyboomer, bis heute prägen. Statusdenken überall, oben und unten in den Hierarchien klar bestimmt. Das christlich-konservative Menschenbild prägt vielfach neben den Eltern eben noch die Kindergeneration der Nachkriegseltern.
Wichtig bleibt es daher, sich dieser überkommenen pädagogischen Methoden bewusst zu werden, damit es keinen Automatismus des Weitertragens geben wird. Die Angst der Nachkriegseltern, die Akten und Beweise der Gerichtsprozesse oder Entnazifizierung einzusehen oder anzuerkennen, bezeichnet den meist verdrängten Gewissenskonflikt dieser Generation der Nachkriegseltern. Auf den Seiten 64-67 wird die Auswirkung der Gewaltgeschichte Deutschlands in der ersten Hälfte des 20.-ten Jahrhunderts, auf die Fähigkeit mit Emotionen umzugehen, bezogen.
Empathielosigkeit und mangelnde Fähigkeit zum Gefühlsausdruck begründet die erstaunliche Sprachlosigkeit einer Generation, wenn es um die Verbrechen der Nazizeit geht. Als geradezu tragisch bezeichnet Gebhardt die Empathielosigkeit gegenüber den eigenen Kindern und oft noch den Enkelkindern. Wegducken, Verschweigen und Wegdrücken scheint weiterhin die Prämisse. Miriam Gebhardt gelingt es vielleicht, eine Gesprächsbasis zu legen, die die Generationen zum besseren Verständnis aufnehmen könnten. Wahrscheinlich werden sich darüber aber lediglich die Kinder und Enkelkinder der Nachkriegseltern austauschen und versuchen, mehr emotionale Wärme in die Familienstuben zu bringen. (DLF-Interview, BR-Video Interview)
Hinweise
Manchmal kommen wichtige Hinweise von ganz überraschender Stelle. So mancher zufällige Besuch in einem Buchladen kann zu einer „Révélation“ werden. In Frankreich im Jahre 2021 war der autobiografische Roman von Sorj Chalandon in jeder besseren Buchhandlung zu finden. Der Titel „Enfant de salaud“ war nun wirklich nicht gerade einladend. Es deutete auf irgendeine Weise mehr in Richtung eines Kriminalromans als auf eine Autobiografie. Der erste Hinweis auf dem rückseitigen Umschlag stammte vom Großvater an das Enkelkind. „Un jour, grand-père m’a dit que j’étais un enfant de salaud. “ Eines Tages hat mir mein Großvater gesagt, dass ich ein Kind eines Dreckskerls (Deutschlandradio Kultur) wäre.
Wie kann man damit umgehen? Dabei ist es wichtig zu wissen, die Bedeutung im Französischen bezieht sich auf zuvorderst auf Kollaborateure mit den nationalsozialistischen Besatzern. Der deutsche Titel „Verräterkind“ spiegelt die 2. Ebene des Romans ebenfalls gut wider. Der eigentliche Verrat besteht für das Kind in dem Aufwachsen ohne Vergangenheitsbezug, ohne Erklärungen oder zumindest Versuche der Kommunikation darüber. Letztlich ist es das Aufwachsen mit den Lebenslügen des Vaters in dieser Autobiografie, die den Sohn nachdrücklich beeinflusst und zutiefst enttäuscht. Das Wahrheitsstreben muss sich eben jeder selbstständig erarbeiten. Das wird allerdings mehr oder weniger stark von den Eltern ausgebremst. Gut, dass es Archive gibt, so wie gut informierte Personen, die vielleicht auch mal eine Abkürzung des Weges bei der persönlichen Wahrheitsfindung ermöglichen.
Ein Zitat von S.118 verdeutlicht die zusätzliche 2 Erzählebene des Romans. Der Sohn berichtet, dass er sich als Verräter an der Familiengeschichte fühlt, „j’ai seulement l‘impression de trahir mon père et ton mari.“ Am Ende des Romans (S. 260) steht unverblümt die Schlussformel: „Le salaud, c’est le père qui m’a trahi. “
Es brauchte viel Recherche, sich der Wahrheit anzunähern. Es geht eigentlich viel weniger um die Verbrechen des Vaters während der Kriegsjahre, als um die Selbstfiktion der Person des Vaters. Somit wird der gesamte Roman zu einem Lehrstück mit vielen Hinweisen zu intergenerationellen Beziehungen weit über die Grenzen Frankreichs hinweg. (deutsche Ausgabe DTV). 
Aging Challenge
Several countries face an aging challenge now and in the near future. The OECD provides some basic data, figures and projections. All data to calculate the aging challenge are more subject to change than they used to. The Covid-19 rise in mortality rates has implications as the number of premature deaths of the elderly (65+) has risen even in the economically advanced countries. The so-called old-age dependency ratio is a widely used indicator to assess the charge or pressure on the working-age population (20 to 64) to finance those in retirement (65+). demographic ratio is defined as the number of individuals aged 65 and over per 100 people of working age defined as those at ages.
Major factors that have an impact on the ratio are mortality and fertility rates as well as migration, but also participation rates in employment for those younger than 20 or older than 65 years of age. Seminal shifts in participation of women in the labour force contribute also to reduce the old-age dependency ratio. An influx of about 1 million of refugees who have immediately a work permit like Ukrainians in Germany have a substantial impact as well. Life expectancy is expected to rise again after the years of reduction due to Covid-19. In 2024 and 2027 these ratios do not move too much. Extending the time horizon to 2050, when people born in 1985 would start to retire shows more reason for concern. Whereas in 2024 France, Germany and Italy are still fairly close to each other (2.4 percentage points), the gap starts to widen as of 2027 (5.5 percentage points). In 2050 Italy is projected to have an old-age dependency ratio of 74.4%, about 20 percentage points higher than France.
Okay, in the long-run we are all dead, says an economist joke, but changes to increase fertility or allowing more migrants in are not in sight for Italy. Therefore, the urge to react is increasing there. Younger generations might not be able or willing to foot the bill of high pension expenditure in Italy. Compared to Italy or even Japan the pressure on France is much less pressing, contrary to the national government’s opinion and policy initiatives to increase retirement age without parliamentary majority.
Source for projections and figures: OECD (2023), Old-age dependency ratio (indicator). doi: 10.1787/e0255c98-en (Accessed on 04 October 2023).
Generationswechsel
In den öffentlichen Bibliotheken ist ein Generationswechsel der Besuchenden überfällig. Traditionell finden sich 4 unterschiedliche Gruppen von Personen in den öffentlichen Bibliotheken wieder. Da sind (1) die bildungsaffinen Rentenempfangenden, (2) die Eltern mit Kleinkind(ern), (3) Wärme- oder Kühle suchende Menschen der Umgebung und (4) die Schul-, Hochschul- oder Examensvorbereitenden. Soziologisch betrachtet ist das ein interessantes Aufeinandertreffen von gesellschaftlichen Randgruppen.
Die „Neue Zentralbibliothek im KAP1“ (Düsseldorf) hat aus diesen meist unverbunden nebeneinander operierenden Gruppen eine kommunikative Gemeinschaft produziert. Aktion und Interaktion ist nun angesagt. Der Flyer betont richtungsweisend: „Menschen, Bücher, Räume“. Fortan soll der Mensch und seine Lernfähigkeit im Vordergrund stehen, nicht mehr nur die Bücher. Dazu braucht es meistens anders oder umgestaltete Räume. Lernen war immer schon interaktiv und nur in Teilen allein im stillen Kämmerlein. Dazu braucht es Labs als Lernräume und nicht nur die Stille der „Page-turner“. Lernboxen, Lernstudio, Musikstudio sowie eine „Kreativschmiede“. Dort wird heute gepodcasted, 3D gedruckt und es werden social-media Kanäle entworfen und betrieben, immer schön generationsübergreifend. Voneinander Lernen ist das Motto nicht mehr nur nebeneinander und im Wettbewerb um die beste Bewertung. Kollaboration und gesellschaftlicher Zusammenhalt brauchen neue Räume, dem KAP1 in der Düsseldorfer Zentralbibliothek ist dabei schon viel gelungen. Die zentrale innenstädtische Lage ganz nah am Hauptbahnhof ist ein zusätzliches Asset. Ansonsten hätte ich mich wohl nicht auf der Durchreise dorthin verlaufen. Ein Random-Walk in Bahnhofsnähe, verursacht durch verpasste Verbindungen der Bahn, hat zu einer unerwarteten, bereichernden Zwischenpause geführt. Der Ausblick aus dem Café auf das übliche innerstädtische Verkehrschaos konnte umgeben von Alt und Jung richtig genossen werden. 
Bogenspannerin
Seit der Antike sind Bogenschützen und Archer ein Thema der Künste. Meistens ist die männliche Repräsentation die dominierende Variante. In Berlin lässt aber auch seit langem eine starke weibliche Realisierung bewundern. Nahe dem Pergamon Museum und der Alten Nationalgalerie steht die Statue der Bogenspannerin. Die Zielrichtung geht Richtung Hedwigsdom, als ob der Kampf zwischen Kunst und Religion ein andauernder wäre. Erfahrene Stadtzeichnerinnen, aber auch Jugendliche fühlen sich dadurch angeregt. Kunstschaffende können einen nachhaltigen Einfluss haben. Innerhalb Berlins ist nicht nur die Vielfalt der Kulturen zu bestaunen, sondern auch der Wettbewerb der Künste um Aufmerksamkeit. Da werden nach Regierungswechseln oft viele Bögen gespannt. Bleibt abzuwarten, wen es alles dieses Mal treffen wird.






