Flotow Paris1

Die Biografie von Friedrich von Flotow, verfasst von seiner letzten Ehefrau, beschreibt die erste Parisreise und den prägenden Aufenthalt für die Ausbildung des noch sehr jungen Komponisten (S.29 ff). Bereits im Februar 1828, mit erst 15 Jahren, begann der erste Studienaufenthalt in Paris. In einer den Eltern bekannten Familie wurde der junge Friedrich aufgenommen und begann sein Musikstudium am Konservatorium. Prof. Friedrich Reicha war dort sein Lehrer, der 1825 seinen “Traité de la haute composition” veröffentlicht hatte. Schon Adam und Berlioz hatten bei Reicha Kompositionsunterricht einige Jahre vorher. Die Juli-Revolution 1830 in Paris führte jedoch zu solchen Unruhen, dass die Familie den Sohn rasch nach Mecklenburg zurückrief.
Die frühe Erfahrung in Paris, und wie wir heute sagen “total immersion” in die französische Sprachwelt und Musik, eröffnete dem jungen Komponisten einen Berufsweg, der sicherlich ohne den Aufenthalt völlig anders verlaufen wäre.
Seine letzte Komposition “Der blinde Musikant” ist als reale Erfahrung des jungen Flotow in der Biografie erwähnt. Zusammen mit seinem Freund Aubry hätte er für den stadtbekannten blinden Musikanten als Straßenmusikant Geld gesammelt. Mit seiner letzten Komposition hat er im Vorgriff auf seinen eigenen Tod, dem blinden Musikanten noch ein Denkmal gesetzt. Dieser war bald nach dieser Aktion dennoch verstorben.
Schüleraustausch und Studienaufenthalte zwischen D und F kann eine äußerst prägende Wirkung entfalten. Das trifft auch noch 200 Jahre später zu. (Image: Flotow Biografie 1892. A.28-29.

Flotow CH

Noch 20 Jahre nach seinem Tod wurde Friedrich von Flotow recht prominent aufgeführt. Im Stadt- und Aktien- Theater der Stadt St. Gallen stand seine Oper “Martha” an einem Mittwoch 26.4.1905 auf dem Programm (Anfang 8 Uhr präzis), gefolgt von Mozarts Zauberflöte 2 Tage später.  Was für eine Konkurrenz. Das Plakat zur Aufführung ist in der Digitalen Bibliothek der Kunstbibliothek in Berlin anzusehen (Link).
Die Geschichte des Theaters in St. Gallen ist aus ökonomischen,  gesellschaftlichen und architektonischen Gründen interessant. Das Tagblatt berichtete in 2007 über den Abriss der historischen Städte und den sehr verspäteten Neubau einer moderneren, größeren und wirtschaftlicheren Spielstätte. Damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon standen populäre Werke wie die Martha und die Zauberflöte auf dem Spielplan. Die Aktionäre des Stadt- und Aktien- Theaters der Stadt St. Gallen haben wohl schon immer etwas mehr auf das Geld geschaut, auch wenn es um Kunst geht. Mehr Zuschauende und Zuhörende ist demokratisch und nebenbei gut für’s Geschäft. Der Abriss war beklagenswerter Weise im Jahr 1971. Ein Neubau an anderem Ort startete bereits 1968. Dieser Bau musste ebenfalls nach 40 Jahren Spielzeit grundsaniert oder abgerissen werden.  Heute findet sich darin ein lebhaftes Programm mit Musicals als ausgezeichnetem Schwerpunkt und beispielsweise des Theaterstücks „Gott“ von Ferdinand von Schirach . Die Stadt und die Aktionäre sind wohl aus der finanziellen Verantwortung, aber das Kanton St.Gallen und der Lotteriefond sind eingesprungen. Bildquelle und Großansicht Kunstbibliothek SPK Berlin.

Flotow Hund

F. v. Flotow hat seine letzten Jahre in Darmstadt verbracht. Seine Kompositionen und Aufführungen seiner Werke haben ihm ein hinreichendes Auskommen an seinem Lebensabend ermöglicht. Als früher Streiter für Autorenrechte an kompositorischer Arbeit wusste er wie wichtig solche Bezüge im höheren Alter waren. Für viele in der damaligen Gesellschaft galten Komponierende als Künstler mit hohem Verarmungsrisiko. Bis kurz vor seinem Tod hat Flotow noch neue Werke komponiert. Das Lied „Der blinde Musikant“ von 1884 wird als das letzte veröffentlichte Werk bezeichnet. Den sterbenden Musiker begleitet sein Hund, der ebenfalls Teil der Aufführungspraxis war. Die einleitende und abschließende Komposition im 3/4 Takt hat eine tänzerische fast humoristische Prägung, die vielleicht eine Anspielung auf seinen Hit „Die letzte Rose“ darstellt. Eine irische Melodie zu einem vom Hund getanzten Begräbnis hätte eine opernhafte Leichtigkeit erzeugt, die nicht vielen im Angesicht des Todes gegönnt ist. Hunde mag ich nicht, aber den da schon. Flotow vertraute sicherlich selbst bis zu seinem Tod auf die Macht der Musik. Sich selbst dabei nicht zu ernst zu nehmen, nachdem sein Freund Jacques Offenbach kürzlich vorher verstorben war, lässt sich hier erkennen. Da bleibt ein gewisser ironischer Begleitton oder zumindest ein Augenzwinkern. (Image Digitale Sammlung der Staatsbibliothek Berlin Auszug Flotow Musiknoten 2024-1).

Gruber

Welche Assoziationen kommen Ihnen bei dem Namen Gruber? Das deutschsprachige Fernsehpublikum assoziiert wahrscheinlich die Gruber Milch , die es gar nicht wirklich gibt, oder den Arzt aus der Serie „Der Bergdoktor“ mit dem Namen Gruber. Fiktive Personen, gespielt von noch realen Schauspielern, haben einen starken Einfluss auf unser Gedächtnis.

Wir erkennen zum Beispiel in der Weihnachtszeit nach den ersten 4 Tönen einer Melodie sofort das Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“. Dennoch werden die Wenigsten die Person nennen können, die diese weltbekannte Melodie komponiert hat. Das ist überraschend. Es zeigt uns jedoch wie selektiv unsere Wahrnehmung ist. Das melodische Gedächtnis erinnert sich sofort. Das Namengedächtnis kann da scheinbar bei weitem nicht mithalten. Die Auflösung des Rätzels ist: Gruber, Franz Xaver. Der Liedtext stammt von Joseph Mohr. Der österreichische Komponist hat einen Hit gelandet, der selbst 200 Jahre nach der Komposition noch Millionen von Menschen bewegt oder oftmals ungewollt beim Shoppen begleitet.

Vereinfachende Transkription des Originals

Komposition

Es ist eher selten geworden, dass sich große Häuser der Musik den Komponisten der Moderne widmen. Es sind wohl auch nicht viele Publikumsrenner dabei. Das liegt sicherlich zu großen Teilen an der mangelnden Bekanntheit der Werke moderner Komponierenden und ihrer Werke. Karlheinz Stockhausen bildet da keine Ausnahme mehr. Das Konzerthaus Berlin hat in seiner Reihe 2 x hören einen Abend einem Werk von Stockhausen gewidmet. „In Freundschaft“. Wichtig ist zu diesem Werk eine Einführung in die Kompositionstheorie von Stockhausen. Die serielle Komposition baut auf einer einfachen Struktur von Notengruppen auf. Christian Jost erläutert zusammen mit den Vortragenden in einzigartiger musikpädagogischer Weise die Komposition. Eine Information über Wikipedia vorab erleichtert den Zugang und lässt uns die Komposition vereinfacht nachvollziehen. Auf Youtube gibt es dann verschiedene Versionen für jeweils andere Soloinstrumente zu finden. Beispiel Klarinette hier. Die Basiselemente bestehen aus 1,3,2,5,8 Noten, also ein Gesamtthema von 19 Noten aus 5 seriellen Bestandteilen. Die Variationsmöglichkeiten bilden bereits eine vielfältige Auswahl plus den anderen Varianten wie Spiegelungen oder Transkriptionen auf höhere oder tiefere Tonlagen. Komponieren wird spielerisch und bleibt ein Klangerlebnis. Reinhören online lohnt sich zum Verständnis moderner Ansätze der Kompositionstechnik.

1,3,2,5,8 Noten als Ausgangspunkt Stockhausen

Errance

Das musicorum Festival in Brüssel ist gut für außergewöhnliche Überraschungen. Am 20-7-2023 gab es dort ein Konzert des Trio Errance. Sopranistin Julie Gebhart, Pianistin Nao Momitani und Klarinettist Rudy Mathey hatten ein kurzweiliges Konzert mit dem Titel Ode au voyage zusammengestellt Von Mahlers Auszug aus der 4. Symphonie 4. Satz „wir genießen die himmlischen Freuden“ wanderten wir Schuberts Hirten auf dem Felsen folgend zu den modernen „trois itinérances“ von Claude Ledoux. Von Romantik bis zur Trauerarbeit nach dem Attentat in Brüssel 2016 waren wir auf traumhaften sowie traumatischen Reisen. Dank dem hervorragenden Trio und dem Komponisten in Anwesenheit mit kurzer Einführung haben wir uns nicht auf diesem Weg verloren gefühlt. Emotional gestärkt sind wir auf dem Weg vorangeschritten. Eine wirkliche Feier- und Gedenkstunde.

Flotow Aus

Irgendwann, so denkt man, sollte der Ruf einiger Komponierenden enden oder zumindest verblassen. Überraschend war das Auffinden auf der Musikplattform Spotify einer populären Sammlung von Liedern bei denen die letzte Rose von von Flotow zu hören ist. Ein Bayer oder Österreicher hätte vielleicht gerufen: Ja AUS is! Nix AUS ist es. Ein australisches Orchester (aus Adelaide) und Greta Bradman haben in 2018 auf der anderen Seite der Erdkugel, Flotow mit seiner „irischen“ Arie ins Programm genommen neben anderen Ohrwürmern. Die Romantik lebt. Einige Melodien finden weiterhin ihr Publikum. Erstaunlich, nach 150+ Jahren und 6000km Entfernung. Flotows Opernarien aus Stradella begeistern auch hin und wieder die Fangemeinden der Startenöre.

Flotow Offenbach

Erstmals in der Zeitschrift „Opérette“ (2012, No.164, S.53-57) erschienen, hat Dominique Ghesquière eine verschränkte Biografie von Flotow und Offenbach veröffentlicht. Die deutsche Übersetzung ist von Peter Hawig in den Emser Heften Nr.353 (ISSN 1436-459X) erschienen. In interessanter Weise wird das diplomatische Geschick, sich von kleinen Aufführungen in größere Häuser hoch zu arbeiten, von Flotow erfolgreich praktiziert zum Asset für beide Komponisten. So war der damalige Weg zum professionellen Musiker insbesondere auch zum erfolgreichen Komponisten. Flotows erste komische Oper „Pierre et Cathérine“ wurde bereits 1832 im Hôtel Castellane (Rue du Faubourg Saint-Honoré 112) aufgeführt. Ein Vaudeville mit Gesangseinlagen „Le Comte de Charolais“ wurde im Théâtre du Palais-Royal 1836 zur Aufführung gebracht. In seinen Erinnerungen schreibt Flotow kurz nach dem Tod von Offenbach, dass er Jacob (erst nach Konvertierung Jacques) schon 1838 als Cellist kennenlernte. „die Runde durch die Salons war die Kunst, akzeptiert zu werden. Es war in erster Linie die Nagelprobe des echten Talents und der Virtuosität, gleichzeitig aber auch die des Dienermachens, der geschickt genutzten Gelegenheiten und schließlich des Erfolges. Jacob nahm also sehr gerne an, als sein Freund ihm vorschlug, ihn dort einzuführen, wo er selbst gern gesehen war.“ (S.7,9). Für diese Soirées schrieben beide Neukompositionen, die in 2 Serien erschienen sind. „Les chants du soir“ und „réveries“. Für Flotow war eine weitere Bekanntschaft mit Friedrich Wilhelm Riese (pseudonym W. Friedrich) in Paris bedeutend. Letzterer schrieb das deutschsprachige Libretto zu Stradella, der Flotow Oper, die dann erfolgreich 1844 in Hamburg uraufgeführt wurde. Wechselseitige Beeinflussung der beiden Komponisten wurden vielfach besprochen, jedoch sind keine wirklich belegt. Lediglich in den „Bouffes-Parisiens La Romance de la rose“ hat Offenbach eine direktes Zitat aus Flotows irischer Melodie  von Thomas Moore „Die letzte Rose“ verwertet und parodiert. Solche Anlehnungen, wie Flotows an die irische Melodie waren und sind auch heute noch gängige Praxis in der Komposition, durchaus mit Rechtsstreitigkeiten heutzutage. Während Flotow bereits 1848 recht solide etabliert war, musste sich Offenbach noch weitere Erfolge erarbeiten. Das hat sich in den Jahren um 1870 bereits ausgeglichen. Flotow’s Oper „L’ombre“ (Der Schatten) hatte die Premiere in der Opéra-Comique kurz vor Kriegsausbruch, wurde dann 1871 im Salle Favart erneut gespielt (S.24). Beide Komponisten haben sich gegenseitig inspiriert und in gewisser Weise voneinander profitiert. Klassik populär machen, ist beiden gelungen und die wechselvollen deutsch-französischen Biografien eine beispielgebende, positive wechselseitige Befruchtung.

Flotow Brief

Von Frédéric de Flotow habe ich bisher wenig von seinem Schriftverkehr in öffentlichen Bibliotheken (BnF) auffinden können. Beachtlich sind die Funde in den Pariser Bibliotheken. Neben einem auf Deutsch geschriebenen Brief sind dort 4 weitere, teilweise mit mehreren Blättern im Original erhalten. Es handelt sich dabei um Briefe, die mit Auftraggebern für seine Werke korrespondieren oder Besuche bei Bekannten, die sich meist verschieben oder schwer arrangieren lassen, denn der Komponist und spätere Intendant von Schwerin ist viel beschäftigt. Die zahlreichen Werke und Opern sind eine zeitraubende Angelegenheit, die Inspiration und Imagination brauchen, aber gleichzeitig eine aufgesprochene Fleißarbeit fordern. Talent ja, aber eben auch Durchhaltevermögen und ständige Suche nach geeigneten Libretti. Die Schrift, auf feinstem Briefpapier meist mit traditionellem Wappen der Familie Flotow eingestanzt, ist so klein und feingliedrig, dass mir bereits nach einer halben Stunde die Augen brannten. Ein Brief erwähnt das mögliche Engagement der italienischen Sopranistin Frezzolini an der italienischen Oper in Paris, die doch vielleicht schon die Hauptrolle in der Flotowschen Oper Martha übernehmen könnte. Der Opernchef Calzado könnte ihm (Flotow) doch vielleicht diese Ehre zu Teil werden lassen (Quelle: BnF Flotow, 1958 an Calzado, Notice n° :  FRBNF39807946 S.159). Der Komponist schreibt ein fließendes, höfliches Französisch mit den üblichen Grußformeln. Seine Lehrjahre in Frankreich lagen dabei schon einige Jahre zurück. Sprachbegabung verbindet sich häufig mit musikalischen Talenten, was sicherlich von der frühen Zweisprachigkeit befördert wurde. Beeindruckend zu sehen und in einem kleinen Auszug zu lesen.

Forschen

Forschung betreiben ist meistens das Bohren dicker Bretter. Verständlich, dass das nicht jedermanns oder jederfraus Sache ist. Wer sitzt schon gerne alleine in einer kleinen Zelle und schreibt seine Forschungsergebnisse auf oder liest endlos lange und viel vorherige Forschung? Da ist ein Besuch in Archiven, Laboren oder anderen Datenarchiven schon etwas unterhaltsamer. Forschung ist überwiegend theoriegeleitet. Von Einzelfällen abstrahierende Theorien lassen die Forschenden entweder an diesen Theorien weiterarbeiten oder vielfach irgendeine Form von Daten sammeln mittels derer sie dann die Theorie(n) testen können. Eine Herausforderung an diese Arbeitsweise stellt die rein datengetriebene Induktion dar. Sozusagen der „deus ex machina“ erwächst aus einer hinreichend großen, am besten sich ständig erweiternden, Datenbasis. Wetterdaten, Verkehrsdaten, Krankheitsdaten, Börsendaten und Arbeitsmarktdaten bieten für sowohl für deduktive als auch induktive Verfahren hervorragende Beispiele. Datensammeln in Archiven, beispielsweise Rekonstruktion oder Interpretation eines Lebensverlaufs aus Korrespondenz ist ein klassisches Verfahren von meistens LiteraturwissenschaftlerInnen. Manche Archive belohnen die Forschenden mit Glanz und andere mit Gloria, selten mit beidem. Glänzende Aussichten bietet die biographische Forschung zu Komponisten und MusikerInnen in Paris. In der kleinen, aber sehr feinen Bibliothek der „Opera Garnier“ bin ich zu dem Komponisten Flotow fündig geworden. Es befinden sich dort in der Komponistenakte Zeitungsausschnitte, die 150 Jahre alt sind und ein Büchlein aus frühen DDR-Zeiten, die den Aristokratenkomponist durchaus kritisch durchleuchten. Die Ablenkung auf dem Weg in die Bibliothek und dem Archiv der Oper ist allerdings atemberaubend, also nur für ganz überzeugte Forschende zu empfehlen. Die meisten werden von der Opulenz des Bauwerks so beeindruckt, dass jegliche Forschungsfrage und Theorie „backstage“ verwiesen werden. Selbst backstage kann es ziemlich schön sein.

Flotow Kontroversen

Während Flotows Lehrjahren in Paris ereigneten sich historische Ereignisse, wie zum Beispiel die Pariser Juli-Revolution 1830, Commune oder die 1848er Revolutionen in Paris und Deutschland. Später sollte der dt-frz. Krieg 1870 ein weiters einschneidendes Erlebnis darstellen. Über all diese historischen Verwerfungen hinweg sind Kunstschaffende ständig den nationalen Vereinnahmungen und Verwertungen ausgesetzt. Bei Flotow äußerst sich das in den Intrigen von unterschiedlichen Seiten, die gegen ihn gefahren werden. Von deutscher Seite mal als Demokrat verunglimpft (s.u.), wird er in Frankreich als frankreichfeindlich bezichtigt. Aktiv dagegenhalten, gehörte schon damals zum Geschäft im europäischen Raum. Mit dem Eintreten für Autorenrechte an Werken und deren Aufführungen schaffte er sich sicherlich nicht nur begeisterte Freunde in der Theaterwelt. Vergleichbar dem Disput über Patentrechte zu Hörnern, Trompeten und dem Saxophon, musste die Lebensgrundlage für viele Komponierende erst noch geschaffen werden. Eine Nominierung als Korrespondent der „Akadémie des Beaux-Arts“ ist da eine tolle Anerkennung. Die Probleme von höchst prekären Lebensverhältnissen von Kunstschaffenden im weitesten Sinne bleiben eine ständige Aufgabe und Herausforderung (Mäzene). Der kleine Fritz von Flotow hatte in seiner Kindheit mit genau diesen Einstellungen gegenüber dem oft brotlosen Beruf des Kunst– und/oder Musikschaffenden zu kämpfen. Als streitbarer Aristokrat mit demokratischen Zügen fiel er mitten in die soziale Zerrissenheit und politischen Wechselbäder des 19. Jahrhunderts.

Sax and the Sax

Adolphe Sax is celebrated for his celebrated design of musical instruments in what it known and played as the Sax family of musical instruments. Most museums around the world have an example of an early Sax instrument in their collections. Beyond the many fascinating musical delights and emotions produced with the instrument, there is a century-old debate around the issue of the patent attributed to the various designs claimed by Adolphe Sax for the Saxophone among others. The patent attribution was hugely different across Europe in the 19th century (largely inexistant in other parts of the world at the time). The reason for this were differing laws guiding intellectual property rights. “In France no preliminary examination was necessary before a patent could be granted; in Germany examination was obligatory; and … British patent laws, which allowed makers to register designs or apply for patents for developments that had been copied from abroad (imported inventions), as long as they had not been published in Britain.” (Mitroulia and Myers, 2008 p.93). There is a well-documented controversy about the “Berlin valves” and the contested patent in France of it. Design of instruments, particularly popular ones, guarantee sizable earnings for producers of instruments. After 20 years of the 1846 patent in France 1866 the patent expired and the copies could become even cheaper. Some ugly disputes in the middle of Europe were fought around this issue. Remember that military music was still accompanying troops for better or worse. “Visionary or plagiarist? The authors are unable to give a simple verdict. … The fact that Sax claimed originality for some borrowed ideas seems in retrospect less important than the true vision shown.” (Mitroulia and Myers, 2008 p.135). We might not agree with this statement. The visit to the MIM in Brussels gives a good overview of the evolution of musical instruments over thousands of years and across continents, which pushes us to rethink the link of society and technology through the lens of music and technology. Welcome to techno music beyond patent laws. Pushing the boundaries of copyrights on sound sequences to new limits.
(Sources: MIM Brussels, Rice A. R. (2009). Making and improving the nineteenth-century saxophone. Journal of the American Musical Instrument Society. 35:81-122. Mitroulia, E., A. Myers. (2008). Adolphe Sax: Visionary or plagiarist? Historic Brass Society journal, 20, 93-141).

Flotow Martha

Die musikalische Schaffen des Fritz von Flotow ist recht umfassend. Seine aufwendigen Opern werden bis auf „Martha“ kaum noch gespielt. Die letzte mir bekannte Aufführung von Martha war in Schwerin mit Radioübertragung im Deutschlandfunk 2009. Im Auswahlrepertoire für den „Concour de la Reine Elisabeth“ war noch in 2018 auch die Arie “Ach so fromm” aus Martha zu finden. Der Sieger Samuel Hasselhorn hatte allerdings eine gute Wahl mit Fokus auf Liedern von Schubert und Schumann gelegt, die scheinbar bei der aus Bayern stammenden belgischen Königin Elisabeth sehr beliebt waren. Es verwundert nicht, wenn Fritz von Flotow, dessen Oper Martha in Wien uraufgeführt wurde, weiterhin auf der Liste der möglichen Stücke im Wettbewerb steht. Der Nachwuchswettbewerb hat eine karriereprägende Funktion für viele Teilnehmende. Die meisten Aufrufe auf Youtube hat die italienisch gesungene Version von Ach so fromm aus Marthas zum Beispiel von Pavarotti. Oder auch von Caruso oder von Placido Domingo, dessen langjährige Frau selbst Marta hieß. Die deutsche Fassung, gesungen von Placido Domingo ist eine von meinen Favoriten (hier). Die ältere Version, die ich von ZDFtheater gefunden habe, hat ihren eigenen Charme durch die pantomimisch begleitete Ouvertüre von Sama Molcho und die klar gesungenen Arien. Ab 1h17 gibt es dann die “Ach so fromm” in historischen Kostümen. Diese Interpretation erscheint mir sehr an die von Jacques Offenbach begründete französische Tradition der Operette angelehnt zu sein. Aus der Biografie von Rosine Swoboda, die Witwe von Friedrich von Flotow ist bekannt, dass sich die beiden Komponisten kannten und freundschaftlich verbunden waren. Mit 3 Mio Aufrufen ist „Die letzte Rose“ gesungen von Lila als Trauerlied wohl doch der populärste Hit vom Fritz. Das Europäische Jugendorchester hat Arie und Duett 2013 in London aufgeführt. Also, wer nun mal „Martha“ als Tenor mitsingen möchte, kann die Noten unten oder die karaoke Version oder Klavierbegleitung einer Pianistin aus Berlin-Schöneberg heranziehen. Worauf warten wir noch? Ich stelle die Dusche schon an, länger als 3 Minuten sollen wir eh nicht mehr duschen. Die Entzauberung der Tenorstimme können wir z.B. hier leicht verständlich nachlesen (Link), Schalldruck ist das akustische Geheimnis.

Ukraine Kultur

Einen wahrlich denkwürdigen Abend hat das Festival “Aus den Fugen” im Berliner Konzerthaus ermöglicht. Das “Youth Symphony Orchestra of Ukraine” ist zusammen mit Stars ukrainischer Herkunft am Samstag 26.11.2022 im großen Saal des Konzerthauses aufgetreten. Auf dem Programm stand zu Beginn vom Meister der Kunst der Fuge, J.S. Bach, das Streichquartett, “Verleih uns Frieden gnädiglich”, passend zur Vorweihnachtszeit. Rasch wird aber klar, dass der Überfall auf die Ukraine am 24.2.2022 die Welt für viele aus den Fugen geraten lies. “Die Zeit ist aus den Fugen” deklamierte bereits Hamlet. Erneut bestimmt Krieg und Kriegswirtschaft unsere Handlungen, geschuldet dem russischen Tyrannen, der versucht hat und weiterhin versucht, die ukrainische Kultur auszulöschen. Das Konzert des YSOU setzt weiterhin Zeichen, dass diese reichhaltige Kultur es wert ist, gehört und gesehen zu werden. Die Kompositionen von Mykola Lysenko, Suite über ukrainische Themen op2 oder die Arie der Nastia sind eindrucksvolle Beispiele der frühen Selbständigkeit der ukrainischen Musiktradition. Das Lied “Schtschedryk“, zum Mitsingen, als Abschluss des Konzerts wird lange nachhallen im großen Saal des Konzerthauses und bei dem begeisterten Publikum. Die Präzsion der Dirigentin Nataliia Stets ist beeindruckend und ihr kurzer Hinweis auf den “Holodomor” – den “genuzidalen Hungerstod in der Ukaine um 1932″ zwischen den Stücken, hilfreich für das Verständnis des ukrainischen Aufbäumens heute und das Gedenken an Völkermorde, besonders auch die von Deutschen begangenen. Dank auch an die Solistinnen des Abends, die die Jugend und das Publikum begeisterten.