Visual

Key visuals have the potential to appeal to us like an own language. From a communication point of view the message is simple. You send a message from your visual appearance even if you do not intend to do so. Hence, better think about it briefly before you go public. The receiver might interpret your visual statement differently from you or other peers, but you offer a coherent version of your activity or appearance. Be it politicians (Merkel) or others, frequently memory allows only for key visuals to make lasting impressions or for something or someone to enter into collective memory of a decade or even a century. Repetition, also from different sources, plays a major part in this. It is surprisingly still uncommon to hire persons in charge of key visuals for a person, an organisation or a festival. Haphazard treatment of key visuals as part of marketing is probably an underestimation of the lasting impact of a coherent visual message. Stability and repetition are key here, rather than the wide-spread ad-hoc approaches to marketing. Only on the margin of the exposition devoted to Philippe Apeloig “Des esquisses à l’affiche” (BnF) this lesson can be learned. The merit of the exposition is the opening-up of the process of creation. Posters, graphics and typescripts all contribute to the overall visual message. Achieving coherence in the thousands of choices demands an aesthetic point of view. This may blend aesthetic languages of a decade and reflections on the subject. Catching an audience at the time of affluence of images, movies and accelerated rhythms of daily life remains a challenge. For the “Fête du Livre” Apeloig has achieved this in a memorable way, well worth a tiny exposition of donations from a master in visual communication.

Altern

Wissenschaffende, wie Kunstschaffende, haben ihre Modelle. Meistens sind es abstrakte Gedankengebilde, gerne noch mit schönen mathematischen Formeln verziert. Prototypen haben ihren eigenen Charme. Forschung über das Altern hat es da nicht so leicht seine ästhetischen Modelle auszustellen. Dabei macht uns die Natur einiges vor, wie das geht. Neben dem Axolotl sind Würmer mit nachwachsenden Gliedmaßen vielversprechende Ansätze der Erneuerung im Alternsprozess. Jedes Frühjahr ist die alte Eiche eine inspirierende Quelle der Anpassungsfähigkeit. Hitze, Klimawandel, saurer Regen und Pilze hat sie jahrhundertelang bewältigt. Jedes Frühjahr freuen wir uns über die Zeichen von Vitalität und grüner Pracht. Wiedermal Schädlinge nach Trockenheit abgewehrt und Resilienz bewiesen. Wir möchten es nicht gerne hören. Sie wird uns wohl überleben, dank ihrer Kraft der Ruhe.

Flotow Martha2

Aus dem kleinen Büchlein von Horst Zänger „Aus Liebe zur Musik“, geht hervor, dass wohl schon Richard Wagner in seiner Zeit als Dirigent in Dresden mehrmals seit dem 25.3.1848 die Martha aufgeführt hatte, die erst am 25.11.1847 in Wien uraufgeführt worden war (Zänger, 2012, S.22). Das Urteil des sehr germanisch daherkommenden 35-jährigen Wagners über die eher italienisch anmutende, auf französischen Lehrmeistern beruhenden Werke von Flotow war wohl recht unfreundlich. Franz Liszt dirigierte die Martha in Weimar wohl noch vor Wagner in Dresden (Ghesquière 2012, S.18). Die Opernhäuser wollten eben ihr Hemd in den aus Österreich mit seiner Wiener Klassik wehenden Wind hängen, Qualität hin oder her. Volle Häuser zahlten sich damals genauso aus wie heute. Cosima Liszt, Richard Wagners spätere zweite Frau war ein Bindeglied zwischen beiden Familien, die die populäre Oper von Flotow hinreichend gekannt und studiert hatten.
Rivalitäten und Wettbewerb gehören eben zur Musik wie zum Drama des täglichen Lebens. Einem offenen Antisemitismus von Wagner stellte der Komponist Flotow zumindest in seiner Zeit als Intendant in Schwerin eine offenere Personalpolitik entgegen. Gelebte und erfahrene Offenheit in Paris hatten ihn vielleicht gegen Antisemitismus immunisiert. Das gibt Hoffnung und betont den frühen Erfahrungsaustausch der Kulturen jenseits der deutsch-französischen Beziehungsdichte.

Flotow Brief

Von Frédéric de Flotow habe ich bisher wenig von seinem Schriftverkehr in öffentlichen Bibliotheken (BnF) auffinden können. Beachtlich sind die Funde in den Pariser Bibliotheken. Neben einem auf Deutsch geschriebenen Brief sind dort 4 weitere, teilweise mit mehreren Blättern im Original erhalten. Es handelt sich dabei um Briefe, die mit Auftraggebern für seine Werke korrespondieren oder Besuche bei Bekannten, die sich meist verschieben oder schwer arrangieren lassen, denn der Komponist und spätere Intendant von Schwerin ist viel beschäftigt. Die zahlreichen Werke und Opern sind eine zeitraubende Angelegenheit, die Inspiration und Imagination brauchen, aber gleichzeitig eine aufgesprochene Fleißarbeit fordern. Talent ja, aber eben auch Durchhaltevermögen und ständige Suche nach geeigneten Libretti. Die Schrift, auf feinstem Briefpapier meist mit traditionellem Wappen der Familie Flotow eingestanzt, ist so klein und feingliedrig, dass mir bereits nach einer halben Stunde die Augen brannten. Ein Brief erwähnt das mögliche Engagement der italienischen Sopranistin Frezzolini an der italienischen Oper in Paris, die doch vielleicht schon die Hauptrolle in der Flotowschen Oper Martha übernehmen könnte. Der Opernchef Calzado könnte ihm (Flotow) doch vielleicht diese Ehre zu Teil werden lassen (Quelle: BnF Flotow, 1958 an Calzado, Notice n° :  FRBNF39807946 S.159). Der Komponist schreibt ein fließendes, höfliches Französisch mit den üblichen Grußformeln. Seine Lehrjahre in Frankreich lagen dabei schon einige Jahre zurück. Sprachbegabung verbindet sich häufig mit musikalischen Talenten, was sicherlich von der frühen Zweisprachigkeit befördert wurde. Beeindruckend zu sehen und in einem kleinen Auszug zu lesen.

Forschen

Forschung betreiben ist meistens das Bohren dicker Bretter. Verständlich, dass das nicht jedermanns oder jederfraus Sache ist. Wer sitzt schon gerne alleine in einer kleinen Zelle und schreibt seine Forschungsergebnisse auf oder liest endlos lange und viel vorherige Forschung? Da ist ein Besuch in Archiven, Laboren oder anderen Datenarchiven schon etwas unterhaltsamer. Forschung ist überwiegend theoriegeleitet. Von Einzelfällen abstrahierende Theorien lassen die Forschenden entweder an diesen Theorien weiterarbeiten oder vielfach irgendeine Form von Daten sammeln mittels derer sie dann die Theorie(n) testen können. Eine Herausforderung an diese Arbeitsweise stellt die rein datengetriebene Induktion dar. Sozusagen der „deus ex machina“ erwächst aus einer hinreichend großen, am besten sich ständig erweiternden, Datenbasis. Wetterdaten, Verkehrsdaten, Krankheitsdaten, Börsendaten und Arbeitsmarktdaten bieten für sowohl für deduktive als auch induktive Verfahren hervorragende Beispiele. Datensammeln in Archiven, beispielsweise Rekonstruktion oder Interpretation eines Lebensverlaufs aus Korrespondenz ist ein klassisches Verfahren von meistens LiteraturwissenschaftlerInnen. Manche Archive belohnen die Forschenden mit Glanz und andere mit Gloria, selten mit beidem. Glänzende Aussichten bietet die biographische Forschung zu Komponisten und MusikerInnen in Paris. In der kleinen, aber sehr feinen Bibliothek der „Opera Garnier“ bin ich zu dem Komponisten Flotow fündig geworden. Es befinden sich dort in der Komponistenakte Zeitungsausschnitte, die 150 Jahre alt sind und ein Büchlein aus frühen DDR-Zeiten, die den Aristokratenkomponist durchaus kritisch durchleuchten. Die Ablenkung auf dem Weg in die Bibliothek und dem Archiv der Oper ist allerdings atemberaubend, also nur für ganz überzeugte Forschende zu empfehlen. Die meisten werden von der Opulenz des Bauwerks so beeindruckt, dass jegliche Forschungsfrage und Theorie „backstage“ verwiesen werden. Selbst backstage kann es ziemlich schön sein.

Rhetoricae artis

“Die Kunst der Rhetorik und der positiven Fähigkeit” ist eine kleine Wissenschaft. So hieß es bereits 1475 in dem von Guillaume Rardif veröffentlichten Buchdruck aus dem “Atelier du Soufflet Vert”. (BnF, Réserve des livres rares, Rés. X-1118). Als Teil der Ausstellung zum Buckdruck entnehmen wir 5 wichtige Hinweise für die Kunst der öffentlichen Rede: (1) inventio = (Er-)findungskraft, (2) dispositio = Anordnung, Gliederung, (3) elocutio = Ausdrucksweise, Stil, (4) memoria = Erinnerungsvermögen, (5) pronunciatio = Urteilskraft.
Ein kritzelnder Leser hat mit Bleistift die 6 Teile angefügt. Exordium = Einleitung, Narratio = Erzählung, Sachverhalt, partitio = Einteilung, und schließlich die dialektik mit Confirmatio, Rufusation, Conclusio. Abweichungen von diesem rhetorischen Schema sind noch immer selten. Das galt wohl seit dem 15-ten Jahrhundert schon für Predigten und wissenschaftliche Vorträge. Alles altes Latein, oder was? Die heute übliche “Elevator-speech” folgt anderen Regeln. Die Aufmerksamkeitsökonomie und Flut der Informationen erzwingt viel kürzere Redezeiten. Die Nachhaltigkeit der Botschaft wird anders erzeugt. Bildlichkeit ist Trumpf in Erscheinung und Auftritt. Auch das will gelernt sein. Die Bücher damals waren selbst ästhetische Kunstwerke und dennoch Arbeitsbücher, leider nur für sehr wohlhabende Studierende.

Printing

Printing is a more than 5 century-old industry. The invention of the printing press is mostly attributed to Johannes Gutenberg from Mainz. However, the Asian precursor of mobile type letter printing of Cai Lun of the Jikji dates back to 1377 in Korea. These early masterpieces of the inventors of print can be inspected at the Bibliothèque nationale de France (BnF). The summary term for this technical innovation by historians is the “age of start-ups”. The procedure for Gutenberg to have 2 financing rounds with his “business angel” Johann Fust, who is later claiming even almost the full rights of the printed volumes, resembles the start-up spirit of today as much as that of the 15th century. Not belonging to the Patrician families, it was very difficult to defend your rights in courts of the gilds. The printers also became a very powerful intermediary themselves. They either sold pre-ordered books or had to take the risk of assessing the market for their product. The editors of today do much the same in the trading world of books and rights of authors and translators. Merchandising products of the church and later churches (protestants Luther Bible) had a particular value to both the clergy and its devotees, not to mention the shop keepers in-between as well. Pilgrimage business was another start-up industry still going strong in the 20th and 21st century and popular in all religions. The early prints and typographs applied are fascinating  in themselves, but there is a lot to be learned about the foundation of a new industries that still employs millions of people and is at the origin of learning revolution similar to the one we are living with the digital technologies today. The European languages with respect to printing had a certain competitive advantage, based on 26 letters of the alphabet, far fewer types were needed to print books than the more than a thousand different signs for printing a Korean text. In terms of printing this is cost-reducing and probably you do not need to be able to read yourself to be a printer or it makes proof reading more accessible favouring benefit margins. After all, the age of industrialisation probably had a precursor in the printing industry. The potential of the printing industry was only exploited much later to the full extent. Comparable to “peak oil” we hope to have reached “peak paper” at last as well for the sake of our planet and our own survival.

Bauhaus Haus

Zu den Ursprüngen des “Bauhaus” in Weimar gehört das Haus, welches die Feder von Georg Muche entworfen hat. Auch wenn das Bauhaus überwiegend mit Walter Gropius assoziiert wird, ist die Parallele von Georg Muche zu dem französischen Maler und Architekten Le Corbusier frappierend. Beide waren geprägt durch die eigene Malerei und Zeichenkunst. Die Entwürfe für Häuser oder Villen folgten Zeichnungen, die wiederum einer “cognitive map” mit Prinzipen der Konzeption und der Konstruktion folgten. Treu den Ansätzen des Bauhauses verwirklichte Muche bereits in 1923 sein Musterhaus. Modulare Bauweise, preisgünstige Erstellung, aktuelle Technologie, perspektivische Blickwinkel und Lichtspiel. Eine gewisse Parallelität zu der Villa La Roche und Jeanneret von Le Corbusier besteht nicht nur in der zeitlichen Dimension, sondern auch in dem Einfluß von kubistischem Spiel mit Perspektiven in Haus  und auf das Haus. Die von der Malerei herkommenden Architekten entwerfen ihre Räume mit “The painter’s eye“. Vielleicht kommt nicht zuletzt daher der Traum vom Eigenheim, der so prägend bleibt in ganz Europa und der westlichen Welt. Geprägt von den 1910er und frühen 1920er Jahren war kostengünstiges Bauen eine wichtige Rahmenbedingung. Relativ kleine Grundrisse, modular erweiterungsfähig, preiswerte Baustoffe sorgten trotz Schwierigkeiten für rasche Realisierungsmöglichkeiten. Eine gewisse deutsch-französische Parallelität drängt sich auf. LeMonde vom 6.4.2023 beschreibt ausführlich das Dilemma des 21. Jahrhunderts. Der Traum vom eigenen Haus wird für die nächsten Generationen schwieriger zu realisieren sein. Rohstoffpreise, Grundstückspreise, Arbeitslöhne, Kreditzinsen schnellen in die Höhe. Der Traum vom Eigenheim bleibt ein Traum älterer Generationen oder der glücklichen Erben solcher Häuser, fast unerreichbar für Durchschnittsverdienende. “Gemeinsam statt Einsam” ist die noch gültige Schlussfolgerung, die bereits Henning Scherf formuliert hat. Die neue Herausforderung für den Bau war, ist und bleibt die soziale Frage, der wachsenden Ungleichheit entgegen zu wirken.

Corbusier

Le Corbusier (1887-1965) chose his artist’s name instead of his lengthy original name of Charles-Édouard Jeanneret at the age of 33 (in 1920) after having moved from Switzerland to Paris in 1917. He established a theory of modern architecture often summarised in his 5 major principles of modern architecture: 1. Pilotis as grid of pillars, 2. freeing ground floor design, 3. more open facades, 4. windows stretch horizontally, 5. garden, terrace on the roof. All these principles allow a more healthy living environment due to more light, less humidity in buildings and ease of circulation. The house Le Corbusier designed features surprising effects of light and lightness of living. “Les maisons La Roche et Jeanneret” date from 1923 and was completed in 1925. These purists Villas breathe thanks to the impression of abundant empty spaces despite relatively small surfaces. One Villa is designed for a small family, the second for a single person (Raoul La Roche) with a collection of paintings to be exposed in a small gallery. The focus on essentials of living, health, light, water, air and art combine to a relaxing and inspiring atmosphere.  Despite many of his convictions to build affordable housing for many people, which received mixed success, his “maisons bourgeoises” in Paris and elsewhere remain masterpieces beyond the 1920s and the 20th century. Le Corbusier was concerned about tuberculosis. Today the corona-crisis has reached comparable health concerns. Architecture might react to the latter crisis in re-considering the lessons from the former. Relaxing in a Le Corbusier Chaise longue and meditating in front of a Picasso, Braque or Léger painting is indeed more than a little bit elitist. But copies of such images or your very own slide show or museum VR-clip in this surrounding make this experience more affordable and compatible with living arrangements for millions of people of the middle class as well.

Architecture

Architecture is all around us. However, we rarely consider the build environment as “conditioning” feature of our life. Architecture is contributing extensively to our perception of “social space” (Bourdieu). Inner cities, suburbs or spacious residential areas have diverse impacts on our perception of, for example, security, modernity, health or sanitary sensations. The corona-crisis has made it clear to most people that a healthy environment is a very essential part of our perception of comfort. Here the psycho-social perception of living and/or working space enters into the co-creation of housing people. Technology is a big driver of change in housing, urban spaces and rural imagination. In order to avoid corona infections a new culture of working from home for the masses become a health-driven imperative. Payment without contact, home delivery of meals, food, books, medicine have changed the living style of many people. Too little movement for our bodies has caused another silent pandemic of obesity. Enough reasons to rethink architecture from a sociological perspective on it. This probably starts with speaking of architecture as architectures. By this we mean to think of architecture from its social origins, functions, impacts and perceptions. Great historical examples of architects have implicitly or explicitly formulated a social theory of architecture or space as the basis of their “concrete” realisations. The sociology of professions of architects and the many construction-related professions needs empirical foundation beyond the cliché of socialisation as artist versus technician. Still recent forms of participatory democracy as part of urban and rural planning as well as realisations. Participatory individual or community housing are likely to stay with us. People want to get involved in co-creating their living and working space as their social environment. Architecture as social process and specific layer of the network society will be the new mantra. It has always been there, implicitly. Up to us to strengthen the social discourse on architecture.

Schaukel

Sagt die Lehrperson zur Schulklasse: Stellen wir uns alle jetzt mal alle eine Schaukel vor. Wie sieht die Schaukel denn so aus? Was gibt da so drumherum? Könntet Ihr nun bitte versuchen, die Schaukel auf ein Blatt Papier zu malen? Jeder hat seinen Bleistift und einige Buntstifte dabei. Einfach mal versuchen, es gibt keine Noten dafür. Es soll Spaß machen und wer möchte kann sein Bild anschließend den anderen zeigen. Schön, sofort wird es ganz laut in der Klasse und alle legen los. Naja, fast alle, das stille Mädchen aus einer der hinteren Bänke stockt und wirkt unruhig. Sie ist erst seit einigen Monaten in der Klasse und spricht noch nicht wirklich wie die anderen die Ortssprache. Da liegt wohl an der langen Reise, die die nicht mehr ganz so Kleine hinter sich hat. Die meisten Jungen und Mädchen erklären zugleich recht lautstark welche Schaukel sie malen werden. Die vom Garten hinterm Haus, vom Spielplatz nebenan oder sogar die Schaukel unterm Baumhaus im angrenzenden Waldstück. Bei den meisten Kindern steht rasch die Schaukel nicht mehr im Mittelpunkt der Kurzgeschichten, sondern die Freunde oder Kinder mit denen sie gemeinsam schaukeln. Nur unser stilles Mädchen erinnert sich mehr an ihren Reiseweg, bis sie dort in dieser schönen bunten Schule angekommen war. Das waren viele Stationen, von denen sie gar nicht erzählen möchte oder gar ein Bild malen möchte. Die meisten Erinnerungen war so, dass sie diese lieber für sich behalten wollte. Zu weit weg waren sie von den aufgeregten Erzählungen und fantastischen Geschichten der anderen MitschülerInnen. Doch dann hatte sie doch ein Bild vor Augen. Ein Spielplatz in einer großen Stadt, Berlin genannt, ist ihr in Erinnerung geblieben. Als sie diese Schaukel grob, ohne Farbe nur mit Bleistift auf das Blatt skizzierte, keiferte der Banknachbar schon: So sieht doch keine Schaukel aus! Die Neue kann noch nicht mal eine Schaukel malen. Das stille Mädchen blieb weiter still, wusste sie doch genau, dass ihre Schaukel eine Überraschungsschaukel war. In der großen fremden Stadt war ihr diese Schaukel aufgefallen, denn sie war fast so schön, wie die Schaukel an dem starken Ast des Baumes, im Garten ihrer Großeltern. Dadurch verknüpften sich ihre vielschichtigen Erinnerungen zu einem Bild. 

Caillebotte

Gustave Caillebotte has done it again. Son of a great beneficiary of war efforts himself. He started with support from his father’s fortune on a painting career. Soon after his father’s death, he joined the group of “alternative artists”, later called the impressionists in France. On the 1.2.2023 the Musée d’Orsay acquired a key painting of Caillebotte for 43 Million € with the help of a donation by LVMH. Where does the hype come from? A catalogue of the exhibition of the painter “Gustave Caillebotte, The painter’s eye” from the National Gallery of Art in Washington from 2015 established Caillebotte again as a key person of the impressionist movement. Rich in diversity of motifs, the painter and supporter of the impressionists (Philantropist) has foreseen the challenge photography could bring to painting. The painter’s eye is well explained by Michael Marrinan (pp.22) in the catalogue. In fact, the spatial depth of the views of the streets of Paris is a precursor to many photographers and movies of several decades later. Caillebotte’s images of Paris depict well the mixed feelings about a daunting city size and the isolation of people captured in their own little inner circles with little communication despite or because of the noisy surroundings. Misty atmospheres allow to focus on impressions. Almost meditative walking in the city is his modern topic. Reflecting on painting as profession versus painting as artist is somehow an impressionist’s sociology of professions. Gustave Caillebotte did not have to paint for money and he was aware of social class differences as son of a factory owner. It did not spoil his artistic view with social facts, but rather tried to reveal the intrinsic beauty not only of landscapes, but ordinary working people. Other impressionists painted beautiful ballerinas, Caillebotte painted workers and sometimes more challenging parts of Paris in his early years. With climate change near Caillebotte’s home in full swing, we shall “adore” the rainy days in Paris even more. And in the countryside, too. The painter’s eye reveals a visionary view of the modern and post-modern world.

Flotow Stradella

Die Oper Stradella von Flotow wurde in 2006 eingehend besprochen. Sarah Hibbert hat ein immer wieder aktuelles Thema: Wie sollten vorherige Stilepochen in der Aufführungspraxis und der Komposition behandelt werden? Die Legende über den Sänger Stradella, der einem Fürsten die Braut ausgespannt hat und deswegen ermordet werden sollte, bietet einen interessanten (sex and crime) Plot. Wegen der Gesangskunst des Verführers, wollten die bestellten .Auftragsmörder den bezaubernden Sänger nicht töten.  Tatort ist der Auftritt der Sängers in einer Kathedrale. Fritz von Flotow und Louis Niedermeyer haben beide fast zeitgleich eine Version des Librettos vertont. Es stellt sich nun die Frage, wie denn am besten der historische Stoff aus dem 17-ten Jahrhundert darzubieten ist. Beide Komponisten komponierten im Stil der romantischen Oper des 19-ten Jahrhunderts. Flotow wählt eine stärker historisierende Variante der mittelalterlichen Musik der Stradella-themen in seiner Oper. Die Klangfarben der mittelalterlichen Kirchenmusik passen aber nur schwerlich zu den Erwartungen des zeitgenössischen (1830er) Opernpublikums. Daraus resultiert,en eine spannende kompositorische Aufgabe und entsprechende Herausforderung für die Aufführung des Werks. Darüber hinaus müssen noch Unterschiede zwischen der ersten mehr populären Form der Oper für Paris (Vaudeville) und der später in Hamburg uraufgeführten Version der Flotowschen Stradella Fassung beachtet werden. Historisierung mit Anlehnungen an Gesänge von Palestrina sind nicht der Geschmack eines jeden im Publikum und der Kritiker. Grund genug, in die Opern mal wieder reinzuhören.  Den Tenor, die Arie “Jungfrau Maria” singend, hätte ich wahrscheinlich auch nicht als Auftragsmörder töten können. Rolando Villazón ist darin recht überzeugend.
Quelle: Hibbert, S. 2006. Murder in the Cathedral. Stradella, Musical Power and Performing the Past in 1830s Paris. Music & Letters Vol 87 Nr. 4. doi:10.1093/ml/gcl081 (Photos, KS Kathedrale in Meaux, F).

White

White is white, we may say, just like in the song of the mid 1980s “Live is life”. Raimund Girke focused his paintings around the notion of white. White is pure energy he writes on his webpage summarising somehow his activity between 1986 and 1999 before he turned 70 years old. The energy of white can be experienced at the gallery and arts centre of Alex Vervoordt near Antwerp. Set in abundant white and otherwise empty space the paintings of white reflect Girke’s idea that white is rest and movement. The developmental process of white in the work of Raimund Girke reflects for me a conceptual proximity to the artists’ group of “zero”. Light and shadows are parts of the same coin. White is the sum of all colours, not only in the physical definition of it. Hence, white can serve as reflection of space and transposition of movement.
The experience in the gallery of Vervoordt allows to come to grips with our own perception of white. It needs a huge white space around the paintings to get into the mood of, maybe, purity. It is by putting colours together that white comes into existence in the spectators view. In seeing white, we see many additions of other colours. That creates the impression of energy. Up to you to test it, maybe, virtually live.

Alkoholismus

Alkohol ist eine Droge, da Alkohol abhängig machen kann. Die Bewusstseinsveränderungen können beachtliche bis extreme Ausmaße erreichen. Das wissen wir alle und zwar seit Jahrhunderten. Mäßigung bei Rauschmitteln ist nötig, aber schwer erlernbar. Etwas Genuss ist gesellschaftlich nicht nur toleriert, sondern gewollt zur Förderung der Geselligkeit. Zu viel Genuss beeinträchtigt meistens andere und wird dann zu einer schwierigen Problematik. Ärztinnen, Psychologinnen und andere Heilberufe stehen oft hilflos, wie auch das nahe familiäre Umfeld, vor dieser Situation. Selbst neuere Studien weisen darauf hin, dass die Versorgung dieser Patienten (UK), bestenfalls in der Hälfte der Fälle als gut einzustufen ist. Die Studie zu Großbritannien beschreibt gleichfalls die Krankheitsgeschichte und -versorgung als „eskalierende Tragödie“. Für die meisten anderen Länder liegen keine wirklich guten Daten vor, die weder einen Handlungsbedarf noch auf einen gesellschaftlichen Gestaltungswillen hindeuten würden.
Die Radiosendung zum Thema „Umgang mit Alkoholkranken“ und die Initiative von Sänger Max Mutzke, „Kindern suchtkranker Eltern eine Stimme geben“ beschreibt eindrücklich die generationsübergreifende Bedeutung von Alkoholkrankheit. Alkohol ist eben nicht nur das Problem der betroffenen Person. Ein ganzes Umfeld ist betroffen. Das Problem wächst sich meistens aus zu einer Problematik für das weitere familiäre Umfeld, Freundeskreise und ArbeitskollegInnen. Es ist erstaunlich, dass wir seit Jahrhunderten keinen anderen Umgang mit alkoholbasierten Rauschmitteln gefunden haben, als alles erlaubt oder alles verboten, außer der Altersbegrenzung für Kinder und beim Autofahren. Der Maler Bruegel sah das wohl ähnlich. Den St. Martinswein kann sich heute jeder im Laden um die Ecke selbst kaufen. Mäßigung im Umgang mit Drogen ist nach wie vor ein schwieriger Lernprozess, für Einzelne (Jordaens – Der König drinkt!), wie für die Gesellschaft. ( fast betrunkenes Video Alko VLC Bruegel MRBA Bruxelles.jpg zur Bildexploration).

Narrative economics

Narratives have been with us as long as mankind exists. They just take different forms and content nowadays. Whereby narratives have first spread orally, then much later through written words, images and movies, they are forceful ways of communicating. Robert Shiller wrote a good story about narratives related to the field of economics. Referring to the writing of the polymath David Hume (1742), main proponent with Adam Smith of the Scottish enlightenment, contagion like in pandemics is mentioned for the first time to explain that “the multitude will certainly be seized by the common affection and be governed by it in all their actions”. (Shiller 2019, p. 58). In order to understand narratives going viral Shiller mentions the importance for narratives to be embedded in “narrative constellations”. Holding truth against spreading false narratives might not be enough in itself. Strong, catching narratives seem to bypass or override even truthful information. Additionally, narratives never die, but rather offer opportunities for repetition. On content of economic narratives Shiller exemplifies stock market panic, consumerism, financial stability, automation and AI fears, speculation bubbles, evil business and labour unions. Topics like lazy unemployed persons, too early entry into retirement, too late entry into the labour market for youth, women or migrants, all have endured stigmatising narratives across time and/or across countries. With emotional and powerful economic narratives all around us, trust and authenticity become a very important meta-currency. The instantly printing camera now serves as proof. Beware of the scenery, actors and action chosen. Medieval painter Gabriel Metsu (1629-1667 Leiden-Amsterdam) had chosen the economic narrative of the “women baking pan cakes and the child as beggar”.  Ending up in a museum instead of the White House is probably the opposite of going viral. The same Photo in black and white might have more of a trustworthy documentary character than the suggestive colours.

Time4

»Tempus fugit» (Latin proverb) time is flying, or time is escaping us. This is a classical quote. Students of Latin come across it in language acquisition.  “Carpe diem” make the most of the day, others responded. Some even raise it to a dogma of their existence. Whereas in classical times, time was more likely to be perceived as a linear concept (v = s x t), modern concepts discuss time as “acceleration” a nonlinear concept (a = v x t = s x t²)  or higher order non-linearities even (time³). Social time is embedded in such concepts of time. At some moments we perceive time as running very slowly, at other instances as running fast or accelerating. The synchronisation of time for friends, a couple, a family, lives, within a society or between societies is the big challenge. We tend to use calendars to synchronize our time acknowledging that time might be running at different speed for different persons. We have invented rituals of synchronisation like celebrating birthdays, departures at work, retirements or relative to seasons, with corresponding seasonal greetings. In between these events time fluctuates with different speed for different persons. Commonly in a kind of superficial objectivity, time is running in the same second-, minute-, hour-, day-like fashion, but considering activities or experiences, the same time span is widely different across persons. A lot of intergenerational conflicts have their origins in this non-synchronicity of time across generations. Bernard Guy (2018) reminds us of the link of time and space, as in the equations above, common in classical physics, where we could replace s with the change of coordinates of 2 GPS-signals. This space – time relationship complicates our simple reference to time. We have become used to think in time zones across the planet or within continents, however, our imagination is a bit stretched by imagining others sleeping while we are terribly busy on the other side of the globe. Global production and logistic processes have integrated the time and space framework for just-in-time delivery and optimisation of processes. As mankind we are still having a hard time to think about time and spend years “à la recherche du temps perdu” (Proust manuscript image below, BnF Paris2023).
Guy, B. (2018). Parler d’accélération, c’est aussi dire comment nous comprenons le temps. Dans : Nicole Aubert éd., @ la recherche du temps: Individus hyperconnectés, société accélérée : tensions et transformations (pp. 111-123). Toulouse: Érès.

Flotow Kontroversen

Während Flotows Lehrjahren in Paris ereigneten sich historische Ereignisse, wie zum Beispiel die Pariser Juli-Revolution 1830, Commune oder die 1848er Revolutionen in Paris und Deutschland. Später sollte der dt-frz. Krieg 1870 ein weiters einschneidendes Erlebnis darstellen. Über all diese historischen Verwerfungen hinweg sind Kunstschaffende ständig den nationalen Vereinnahmungen und Verwertungen ausgesetzt. Bei Flotow äußerst sich das in den Intrigen von unterschiedlichen Seiten, die gegen ihn gefahren werden. Von deutscher Seite mal als Demokrat verunglimpft (s.u.), wird er in Frankreich als frankreichfeindlich bezichtigt. Aktiv dagegenhalten, gehörte schon damals zum Geschäft im europäischen Raum. Mit dem Eintreten für Autorenrechte an Werken und deren Aufführungen schaffte er sich sicherlich nicht nur begeisterte Freunde in der Theaterwelt. Vergleichbar dem Disput über Patentrechte zu Hörnern, Trompeten und dem Saxophon, musste die Lebensgrundlage für viele Komponierende erst noch geschaffen werden. Eine Nominierung als Korrespondent der „Akadémie des Beaux-Arts“ ist da eine tolle Anerkennung. Die Probleme von höchst prekären Lebensverhältnissen von Kunstschaffenden im weitesten Sinne bleiben eine ständige Aufgabe und Herausforderung (Mäzene). Der kleine Fritz von Flotow hatte in seiner Kindheit mit genau diesen Einstellungen gegenüber dem oft brotlosen Beruf des Kunst– und/oder Musikschaffenden zu kämpfen. Als streitbarer Aristokrat mit demokratischen Zügen fiel er mitten in die soziale Zerrissenheit und politischen Wechselbäder des 19. Jahrhunderts.

Flotow Singelée

Frédéric de Flotow hatte sicherlich in Jean-Baptiste Singelée einen Fan. 2 seiner frühen Opern, Stradella und Martha, wurden mit Fantasien für Violine und Klavier von Singelée neu arrangiert. Der Geiger, Dirigent und Komponist Jean-Baptiste Singelée, geboren 1812 in Brüssel (damals noch zugehörig zu Frankreich) ist in Ostende 1875 verstorben. Eine spätere Würdigung im Kursaal in Ostende mit einem Konzert verdeutlicht die Wertschätzung über sein Wirken als Konzertmeister und Dirigent hinaus u.a. in Brüssel. Sein kompositorisches Werk ist beachtlich, auch wenn seine einzige Oper vielleicht nicht so viel Nachhaltigkeit erreicht hat, trotz des einprägsamen Titels: „Les dentelles de Bruxelles“. Uns interessieren hier seine Fantasien basierend auf Themen von Flotow, die als Drucke erhalten geblieben sind und in der „public domain“ einsehbar sind. Interessant ist auch die gemeinsame Zeit am „Conservatoire Royale de Musique à Bruxelles“ mit Alphonse Sax, der später die Patente auf die Instrumentenfamilie der Saxophone erlangte. Klassische Musik populär machen, war schon ein frühes Bestreben vieler Komponierenden und Musikschaffenden. Ganz nach dem Motto: „Ich mag keine Klassik, aber das gefällt mir“ werden so Personen erreicht, die sich ansonsten für ganz andere Musik und Rhythmen interessieren. Da hat der Fritz oder Frédéric de Flotow vielleicht noch mehr Chancen in der Unterhaltungsmusik. Mit Jacques Offenbach verband ihn eine Freundschaft, die “Co-creation” hervorgebracht hat. Beide verdienten sich wohl etwas Geld für den Lebensunterhalt in Paris in jungen Jahren.

Dumky

In cultural performances it is always interesting to refer back to titles given or attributed for example to music pieces. Dumky is the title of Antonin Dvořák’s 4. Klavier-Trio opus 90. In the late 19th century Antonin Dvořák found inspiration in the notion of Dumky. Rather than just composing a “Trauergesang with few joyful intermezzi” he creates a new form for this Trio containing, quite unusual, 6 parts. Dvořák plays around with structure and sharp swings from “piano to forte” parts, “moll to dur” intonations reflecting sorrow and joy in frequent and refreshing short sequences. It feels sometimes like fireworks, but at times the sorrow of soldiers and their families becomes evident as well. However, the music proves resilient. Knowing that Dumky is a Ukrainian word and notion, the choice of one of the masterpieces of Antonin Dvořák  close to the 24.2.2023, the day of the anniversary of the Russian attack on Ukraine is a commemoration of the sorrow caused by war and ways to overcome it. The “Concerts de Midi” of the Musée des Instruments de Musique” allowed us to travel through Ukraine a bit and experience the longing for better times. Joy will eventually prevail there again just listen to Dvořák’s version of the Dumky. Superb and effectful presentation of the work by the “Trio Impression” made for a memorable lunch break in the city centre of Brussels. The (virtual) visit of the Museum should be one of the attractions of visitors to Brussels as well, not just for the Art Nouveau architecture, but for the inclusive “global music” collection.

Aphorismen L

Lichtenberg hatte den späteren ausufernden Individualismus spekulativ in seinen Aphorismen vorweggenommen. Im ersten Band der Sudelbücher schrieb er bereits: „Je länger man Gesichter beobachtet, desto mehr wird man an den sogenannten nichtsbedeutenden Gesichtern Dinge wahrnehmen, die sie individuell machen.“ (1976, S.25). Unsere Fototechnik und soziale Medien haben eine wahre Revolution durch die Flut der allgegenwärtigen Fotos geschaffen. Was früher der Spiegel war, ist längst der schnelle morgendliche Blick in die Kamera des Handys geworden. Intelligente Spiegel wären also die durch Kamera aufgenommenen und direkt auf einen größeren Bildschirm übertragenen Bilder. Das Hautscannen auf Melanome oder checken von depressiven Phasen könnten eine frühzeitige Erkennung ermöglichen. Sollten wir das wollen? Aus derartigen Hinweisen lässt sich sozial invasiv Gefahren für den Einzelnen, die Einzelne ableiten, aber eben durch Bezug des Einzelfalls auf verallgemeinerungsfähige Vergleichsfotos. Gesichter länger anzusehen, das hat seine sozialen Grenzen. Mit Breughel durften wir das dann. Kindern wird früh erklärt Personen nicht anzustarren, dabei trainieren sie so, was das einzelne Gesicht so singulär macht, die Augen, Ohren, Mund, Zähne, Nase oder Schattierungen. Donatello, gepriesen als der Erfinder der Renaissance, spielte schon mit den Details der Gesichter. Mehr Mut zum längeren Hinsehen sollten wir aufbringen, auch beim Hinsehen auf einfache Charaktere, auf Armut statt Wegsehen. Oft ist David interessanter als Goliath. Die Rahmung des Bronzolino verstärkt geschickt eine zeitgenössische Analogie zum 24.2.2023.

Flotow Potpourri

Über das musikalische Thema der Flotow Oper „Martha“ gibt es der heutigen Popmusik vergleichbar spätere verkürzte Versionen. Zu einiger Beliebtheit ist das Potpourri zu den Motiven von Martha gekommen. Kleineres Orchester und ein melodisches vereinfachtes Arrangement konnten für kurze Konzertabende verwandt werden. Der Komponist und Arrangeur Spasny Op. 65 hat Flotows Melodien aus „Martha“ publiziert (desgleichen von Wagner und Verdi). Die Kopie in der KBR Bruxelles ist ein kompletter Orchestersatz datiert von 1886 und 28.7.1894. Aufgeführt wurde das Potpourri im Kursaal von Ostende, wahrscheinlich für die Sommergäste in der Hafenstadt mit naheliegenden Erholungsgebieten und Küstenorten. Neben einigen schönen handschriftlichen Kopien für Violine (5 Seiten) oder Pauken (1 Seite, viele Pausentakte) ist die Partitur für die 1. Violino als „Conducteur“ (assisté?) ausgewiesen und sehr abgegriffen. Interessant sind die Anmerkungen und Einfügungen, wahrscheinlich zu wichtigen Parallelstimmen. Die komplette Streichung ab dem Larghetto am Ende der Partitur, anfänglich in Des-Dur, war vielleicht zu anspruchsvoll, für das zu erwartende Publikum. Ein F-Dur Abschlussakkord vorher klingt erholsamer, zumal im Urlaub nicht wahr. Der an einem Gag interessierte Musikfreund amüsiert sich an der Kritzelei am Anfang. Aus MARTHA; POTPOURRI ist Martha, Potpourrie geworden, was so viel heißt, wie „Martha verdorben“. Der Dirigent (Assistent? Es gibt noch ein sauberes Conducteurexemplar in der Mappe) hatte wohl einen schwierigen befristeten Sommerjob angenommen. Alternativ könnten wir das aber auch interpretieren als Kommentar zu der vereinfachten, aber verdorbenen Version der Flotowschen Martha als Originalstück. Genauer wollen wir das gar nicht wissen, oder?

Flotow Europa

In der späteren Aufführungspraxis des Werks von „Fritz“ von Flotow, wie ihn seine Mutter in MeckPom nannte, sollte es für den in Frankreich ausgebildeten Jugendlichen einige Fallstricke zu überwinden geben. Bereits seine erste Oper „Alessandro Stradella“ hatte mit Produktpiraterie zu kämpfen. Der Übersetzer Gustave Oppelt (1844 Autor zu Stradella genannt BNF), mit Erwähnung auch von Alphonse Royer, hatten die Rechte des Librettos inne (Stempel des Dépôt Légal 1859 Nr 1139). Anlässlich der Erstaufführung in Brüssel am 2-3-1859 au Théâtre Royal de la Monnaie erschien das gedruckte Libretto versehen mit einem Echtheitsstempel. Bereits 1860 gab es dann Anlass, dass Gustave Oppelt mit der Unterstützung von „Frédéric de Flotow“ für seine Übersetzungsrechte kämpfen musste und dazu eine Notiz in der „La revue et gazette musicale de Paris“ veröffentlichen mussten. Autorenrechte waren und sind keine Selbstverständlichkeit. Die Lebensgrundlagen vieler Künstler, besonders der KünstlerInnen, auch heute, bleiben meistens prekär. Flotow war bereits beteiligt an Vereinen, die die Kompensation von AutorInnenrechten vertraten. Die „Dédicace“ an die königliche Hoheit  Madame la grande Duchesse Douairière Alexandrine de Mecklembourg-Schwerin, née princesse de Prusse (Link Stammbaum), versteht sich dabei wohl auch als Dank für die Berufung von Flotow als Intendant an das Theater von Schwerin, gleich neben dem schönen Schloss. Mäzene konnten wohl über Stellenbesetzungen KünstlerInnen ihr künstlerisches Arbeiten weiterhin ermöglichen. Flotow brauchte auch die Unterstützung, die ihn zu seinem Lebensende nach Darmstadt umziehen ließ.

Ukraine 360

360 days of traumatising war of Russia in Ukraine. Yet, Ukrainians manage to stem the invasion this time for a year. My generation of baby boomers in Western Europe no longer knows the day to day horrors of war. A photo-realistic exhibition organised by Dr. Justyna Napiórkowsak together with the Ukrainian Embassy in Brussels brings to us more than images of destruction. The Exhibition builds on a transparent organisation. All day and night long you can feel and reflect in front of the gallery windows of what war means to people affected. Rather than passing over the daily horrific news, it is important to take in images that will last within you. Since the exhibitions excels in linking to strong own emotions, the images tell lasting stories. Communicating about war is difficult. This exposition at the “Mont des Arts 8” in Brussels, not far from the “Place des Martyres” is symbolic. Ukrainian artists are going to stay with us, showing us what “The year of resilience. courage, determination and solidarity” mean in the Europe of today. Ukrainian youth, like the whole population, demonstrates all of this in posing for their 2022 graduation photo (Stanyslav Senyk, 2022) actually within the ruins of their city. They seem to sing: “We shall build this city on rock and roll” again. Ukrainian culture is unique. Putin’s Russia is still living in the 50s state of mind. The Russian soldiers might soon have their 60s moment “make love, not war”. For persons with Russian roots in Eastern Europe it feels like what you believed or were told was a friend before is now turning around and you shooting at you including committing war crimes (Geneva convention) on you. The exposition is a “homage to Ukraine”, Ukraine’s resistance and resilience. Teaching us lessons, lessons we should like to learn fast for the survival of democracy and our way of life based on freedom not coercion. The sociology of war informs what the term “Zeitenwende” means. Look at it, rather than look away. As previous College Master at Jacobs University Bremen graduation ceremonies were very personal and emotional events meeting students, many with their families. Ukraine 3.0 will prevail eventually. Thanks, Justyna for putting images 360° and 360 days next to this optimistic message.